Selbstversuch Baby-Simulator: Mit 21 plötzlich Vater | Amberg24

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Das „RealCare Baby” simuliert den Tagesablauf eines Kleinkindes. (Bild: pjol)
Das „RealCare Baby” simuliert den Tagesablauf eines Kleinkindes. (Bild: pjol)
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Das „RealCare Baby” simuliert den Tagesablauf eines Kleinkindes. (Bild: pjol)

Selbstversuch Baby-Simulator: Mit 21 plötzlich Vater

Vater in jungen Jahren und alleinerziehend? - Kommt in den seltensten Fällen vor. Der 21-jährige Jona Lang stellt sich der Herausforderung dennoch und wagt den Versuch mit dem Babysimulator.

Es ist vier Uhr morgens, unter der Woche. Schon wieder bin ich wach. Das mittlerweile vierte Mal in dieser Nacht. Und nein, ich hab keine Schlafstörungen. Mein Baby ist nur schon wieder am Schreien. Mit 21 Jahren haben die meisten in meinem Alter wahrscheinlich andere Sorgen, als aufgeweckt zu werden, weil das Kind gestillt werden will. Ihr fragt euch nun sicherlich, wie ich so früh Vater werden konnte. Eins kann ich euch verraten: An der fehlenden Verhütung lag es nicht. Schuld am Nachwuchs ist mein Praktikum bei Amberg24. Aber langsam, ich erkläre euch das Ganze mal von vorne.

Ursprung der Idee

Ich studiere derzeit Medienproduktion an der OTH in Amberg. Seit Oktober absolviere ich ein fünfmonatiges Praktikum bei Amberg24. Ich war bereits auf zahlreichen Terminen, Interviews und habe Artikel zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Vor rund drei Wochen wurde ich dann gefragt, ob ich Lust hätte für zwei Tage einen Baby-Simulator zu besorgen und daraufhin über meine Erfahrungen zu berichten. Ich würde dafür zwei Tage nicht ins Büro müssen. Ohne viel nachzudenken, stimmte ich zu. Auf ein Baby aufpassen und dafür keine reguläre Arbeit? Jackpot. Ich habe echt einiges von dem Praktikum erwartet. Doch schlaflose Nächte aufgrund eines Babys? Daran hätte ich als letztes gedacht.

Was ist ein Baby-Simulator?

Problem Nummer eins: Wo finde ich einen Baby-Simulator? Nach einigen Telefonaten wurde ich bei Donum Vitae in Schwandorf fündig. Seit vielen Jahren bieten sie das Projekt „babybedenkzeit – ein Praktikum zur Vorbereitung aufs Elternsein” an. Ziel des Projekts ist es, Jugendlichen die Aufgaben des Elternseins nahezubringen. Das sogenannte „RealCare Baby” simuliert den Tagesablauf eines Kleinkindes. Durch Schreien macht es auf sich aufmerksam. Es möchte gefüttert oder geschaukelt werden oder die Windel gewechselt bekommen. Umso länger man braucht, umso lauter schreit es. Man muss durch Probieren selbst herausfinden, was das Kind will. Zudem reagiert das Baby auf falsche Haltung oder fehlende Unterstützung des Nackens. Des Weiteren zeichnet es Vernachlässigungen und grobe Behandlungen auf. Am Ende bekommt man eine Auswertung, wie gut man sich als Mutter oder Vater geschlagen hat.

Beratungsgespräch: Ich werde Vater

Angekommen bei Donum Vitae in Schwandorf merkte ich schnell, dass das Ganze doch etwas ernster ablaufen wird. Beim Beratungsgespräch erklärte mir meine Ansprechpartnerin alles gründlich und legte den aktiven Zeitraum fest. Zudem wurde mir gesagt, dass das „RealCare Baby” in den USA entwickelt wurde, um Teenager vor dem Kinderkriegen abzuschrecken. Da dachte ich mir zum ersten Mal: „Das kann ja was werden.” Ich bekam einen Fragebogen zum Ausfüllen. Unter anderem musste ich beantworten, wann und wie viele Kinder ich möchte. Nach dem Projekt könne ich dann meine Antworten nochmals überdenken. Schließlich fuhr ich zusammen mit dem Baby, zwei Windeln, einer Flasche, einem Maxi-Cosi, sowie verschiedenen Kleidungsstücken, einer Babytrage und einer Geburtsurkunde nach Hause.

Der erste Tag

Einige Tage darauf schaltete sich das Kind um 8 Uhr ein. Es war übrigens ein Junge, namens Jay. Die erste Stunde passierte gar nichts. Ich dachte kurz, das Ding funktioniert vielleicht nicht. Doch dann ging es los: Um 9 Uhr musste ich den Kleinen zum ersten Mal stillen, für insgesamt 17 Minuten. Ich wusste bis dahin gar nicht, dass Babys so lange gestillt werden müssen. Meine Mutter lachte und erklärte mir: „Bei dir hat das meistens noch länger gedauert.” Kurz darauf meldete Jay sich wieder zu Wort. Ich versuchte, ihn zu wiegen. Doch er wurde immer lauter. Ich musste also die Windel wechseln. Bis ich das Kind ausgezogen hatte, schrie es immer weiter. So ging es dann eigentlich den ganzen Tag. Immer musste ich abwechselnd Stillen, Wiegen oder Windeln wechseln. Manchmal schrie der Kleine mehrere Stunden nicht, manchmal innerhalb einer Stunde gleich fünfmal, auch grundlos. Das war sehr unterschiedlich, wie bei einem echten Baby eben. Langsam wurde es echt anstrengend.

An diesem Tag merkte ich auch, wie stark ein Kleinkind den eigenen Alltag beeinflussen kann. Mit Freunden treffen war nicht wirklich möglich. Ich hatte zumindest keine Lust, mehrere Stunden mit dem Baby draußen zu sein und es dort zu versorgen. Des Weiteren wurde mein Abendessen kalt, weil der Kleine zum falschen Zeitpunkt gestillt werden wollte. Und beim Einkaufen hatte ich Angst, dass es nun anfängt zu schreien und ich Windeln wechseln muss – ist zum Glück nicht passiert.

Eine Nacht voller Geschrei

Abends wollte ich ins Bett gehen. Aus einer ruhigen Nacht wurde aber nichts. Jay legte gegen 23.30 Uhr wieder los. Das ging dann circa fünf Minuten. Als ich mich wieder hinlegen wollte, machte er erneut auf sich aufmerksam. Diesmal musste ich ihn einige Minuten lang wiegen und wieder füttern. Um Mitternacht schlief ich zum ersten Mal ein. Dann war Ruhe, bis 2 Uhr. Da begann das Ganze wieder von vorne: Windel wechseln, Wiegen, Stillen. Eigentlich das gleiche wie am Tag. In der Nacht war das allerdings deutlich nerviger. Insgesamt bin ich sechsmal geweckt worden. Und zahlreiche Male musste ich kurz vor dem Einschlafen wieder aufstehen, um den Kleinen zu versorgen. Ich kann definitiv sagen, dass dies eine der anstrengendsten Nächte meines Lebens war. Der darauffolgende Tag war dann ähnlich wie der Erste. Nur nicht mehr ganz so amüsant. Um 20 Uhr schaltete sich Jay dann endgültig ab.

Fazit: Ein Baby kann noch warten

Abschließend kann ich sagen: Sich um ein Baby zu kümmern, ist gar nicht so leicht. Ein Kleinkind verändert den gesamten Alltag. Das war mir auch schon vorher bewusst, aber nicht in welchem Ausmaß. Vor allem die Nacht hat mich überrascht. Ich möchte aber trotzdem weiterhin Kinder. In den Fragebogen von Donum Vitae habe ich drei Kinder angegeben. Daran hat sich nichts verändert. Allerdings möchte ich das Erste nicht schon mit 23, sondern eher mit 26 oder 27. Das Experiment hat mir gezeigt, dass ich doch lieber noch ein paar Jahre mehr das Leben ohne Baby genießen möchte. Partys, Hobbys und Reisen würden sich mit einem Kleinkind deutlich schwieriger gestalten.

Die Auswertung am Ende hat übrigens ergeben, dass ich 51 von 52-mal die richtige Pflege in der vorgegebenen Zeit geschafft habe. Das wurde von Donum Vitae mit „ausgezeichnet” bewertet. Abzüge bekam ich nur in der Kategorie „Kopfunterstützung”. Ich hatte anscheinend ein paar mal den Nacken nicht richtig gehalten. Dennoch bin ich mit dem Ergebnis zufrieden. Laut Auswertung war ich ein guter Vater.

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