Jannik Wagner und seine Beats, die um die Welt gehen | Amberg24

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vor 2 Tagen
Jannik Wagner produziert Musik in seinem heimischen Studio in Wien. (Bild: privat)
Jannik Wagner produziert Musik in seinem heimischen Studio in Wien. (Bild: privat)
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Jannik Wagner produziert Musik in seinem heimischen Studio in Wien. (Bild: privat)

Jannik Wagner und seine Beats, die um die Welt gehen

Ein Leben zwischen Beats und Melodien: Jannik Wagner hat es geschafft, mit seiner Musik die ganze Welt zu erreichen. Er produziert moderne Rap- und Hip-Hop-Beats sowie sanfte Lofi-Tracks, die zum Träumen einladen.

„2019 war ich während meines Tourismusstudiums auf der Suche nach einem Hobby, das Spaß macht. Ich hab zu dieser Zeit viel Musik gehört, hauptsächlich amerikanischen Rap“, erzählt der 28-jährige Jannik Wagner. Irgendwann stellte sich die Frage: Warum nicht selbst Musik produzieren? Ohne musikalische Ausbildung oder professionelle Hilfe begann der gebürtige Freudenberger, sich das Handwerk autodidaktisch beizubringen. „Ich habe mir alles über YouTube und Learning by Doing angeeignet“, erinnert sich Jannik. Seine ersten Beats waren noch holprig und roh, doch der Drang, immer besser zu werden, trieb ihn an. Er tüftelte Nächte lang an Sounds und ließ sich nicht entmutigen, wenn ein Track mal nicht funktionierte.

Dann kam der entscheidende Moment: eine Reise nach Faro, Portugal. Zwischen intensiven Gesprächen und inspirierenden Begegnungen mit „Leuten, die ihr Ding gemacht haben“ fasste Jannik den endgültigen Entschluss mit der Musikproduktion anzufangen. „In Faro habe ich mich entschieden, meinen Traum zu verfolgen und Geld in die Hand zu nehmen. Und dann hab ich´s einfach gemacht.“

Zwei Künstlernamen, zwei Welten

Anfangs produziert Jannik ausschließlich Rap- und Hip-Hop-Beats unter dem Künstlernamen „Jimmiturnerbeats“. In Kooperation mit anderen Artists entstehen so noch heute fertige Collab-Songs, die über Distributoren an die gängigen Musikplattformen geschickt werden. „Ich bin da aber immer abhängig von anderen Künstlern. Die Entstehung der Songs dauert deutlich länger und liegt nicht nur in meiner Hand“, erklärt der Musiker. Das ließ ihn nach einem zweiten Projekt suchen, bei dem er die volle Kontrolle über die Musik hat – so entsteht der Künstlername „lofi_nnik“ und der Entschluss, ruhige Lofi-Musik zu produzieren. „Wenn ich bürokratische Arbeit hab, läuft bei mir selbst im Hintergrund auch immer solche Musik.

Die Entscheidung, die beiden Projekte strikt voneinander zu trennen, war auch aus marketingtechnischer Sicht clever. Während die Rap- und Pop-Songs energiegeladene, schnelle Beats enthalten, sind die Tracks von „lofi_nnik“ ruhig, entspannend und atmosphärisch. Gerne mischt er dabei Sounds des soften Pianos oder des klassischen E-Pianos aus den 70ern in seine Lieder. „Es sind einfach zwei komplett verschiedene Genres.“ Dennoch nehme die Lofi-Musik immer mehr Einfluss auf die Songs, die unter dem Künstlernamen „Jimmiturnerbeats“ entstehen. „Die Songs werden jetzt noch melodischer und noch ruhiger – nicht so energetisch.“

Zwischen Routine und Magie

Der kreative Prozess funktioniert immer gleich. Jannik legt dennoch vorher fest, an welchem Projekt er arbeiten möchte – abhängig von Stimmung, Laune, ob er entspannt oder glücklich ist. Dabei sei viel emotional getrieben und wenig rationales Denken dahinter. „Ich mach einfach, wonach ich mich fühle. Und lasse mich von allem beeinflussen, was ich höre – vor allem Underground-Artists inspirieren mich.“

„Ich habe eine klare Routine – ein Schema F.“ Wenn Jannik im Studio sitzt, herrscht eine fast meditative Ruhe. Ob Lofi oder Hip-Hop – die Herangehensweise bleibt gleich: „Ich starte ohne eine genaue Idee – einfach ein zufälliges Tempo oder eine Range, ein paar Akkorde – und dann lege ich Record-Abfolgen ein, danach Melodien und Drums.“

Seine Beats entstehen meist in nur anderthalb Stunden. Als „Jimmiturnerbeats“ schickt er etwa fünf bis zehn Songs per Mail an eine Auswahl an Künstlern. Die entscheiden dann, auf welchen der geschickten Beats sie einen Text und Vocals liefern wollen. „Anschließend mixe ich alles fertig und mache das finale Mastering.“ Dabei entstehen Collabs mit den verschiedensten Rappern, die er über Social Media kennengelernt hat. Aber vor allem einer ist dabei eine feste Größe: Will Ryte aus Kanada. „Er ist mein Go-to-Künstler. Mit ihm ist das Arbeiten am angenehmsten, und die Songs mit ihm gefallen mir am besten.“

Eine globale Fangemeinde

Seine Musik erreicht inzwischen Menschen auf der ganzen Welt – vor allem in Amerika. Aber auch Indien, Brasilien, Deutschland und Taiwan ist dabei stark vertreten. Wie das kam? Jannik erklärt: „Performance-Marketing auf Facebook und Instagram.” Die asiatischen Länder wurden früh durch Algorithmen erfasst und sind günstiger zu erreichen. Bis heute hält sich dort eine treue Fangemeinde. Dennoch kommen über 50 Prozent seiner Hörer aus den USA.

„Am Anfang konnte ich es überhaupt nicht verstehen und es ist immer noch unfassbar, zu wissen, dass meine Musik mehrfach um die Welt getravelt ist oder, dass ein Mensch in Brasilien sitzt und meine Songs hört – man weiß ja auch nicht in welchen Situationen. Es ist verrückt und einfach nicht greifbar – aber es macht mich sehr stolz“, erzählt der Musikproduzent.

Die Kunst, sich treu zu bleiben

Musikalisch will sich Jannik stetig weiterentwickeln, ohne dabei seine Identität zu verlieren: „Man entwickelt sich ja immer weiter – die Persönlichkeit und was die Musikrichtung angeht. Und auch die Qualität, hoffe ich“, sagt Jannik und lacht. So sei noch vor fünf Jahren Rap das beliebteste Genre in Amerika gewesen. Heute verschiebe sich der Stil beispielsweise in Richtung EDM. „Da muss man dran bleiben, aber sich selbst auch treu.“

Neben der Produktion eigener Songs hat sich Jannik vor allem im letzten Jahr auf eine weitere Idee fokussiert: Soundpacks für andere Künstler. Zusammen mit einem Freund gründete er einen Onlineshop. Was als kleine Idee begann, entwickelte sich schnell zu einem florierenden Geschäft. Die beiden tüfteln an hochwertigen Soundbibliotheken, die von Produzenten weltweit genutzt werden können. Dafür nehmen sie eigenständig Klänge auf: vom urbanen Lärm verschiedener Großstädte bis hin zu sanftem Vogelgezwitscher. „Ich war kürzlich in Asien und habe alles Mögliche aufgenommen – Verkehr, Straßengeräusche, Naturklänge. Alles, was sich später in Musik einbauen lässt“, erzählt Jannik.

Mittlerweile lebt Jannik in Wien und ist weit mehr als nur ein Musikproduzent. Er ist ein Künstler, der den Mut hatte, seinen Traum zu leben, Risiken einzugehen und sich dabei immer treu zu bleiben. Seine Beats sind nicht nur Musik – sie sind Momente, Stimmungen und Geschichten, die Menschen weltweit berühren. Und so klingt seine Geschichte wie seine Musik: ehrlich, emotional und voller Leidenschaft.

Janniks Shortfacts

  • Wie werden Songs veröffentlicht?
    Es gibt unabhängige Dristributoren, also Vermittler. Dort melde ich mich an, schicke ihnen meine Musik und diese verteilen die Songs anschließend automatisch auf allen Plattformen.
  • Gibt es feste Release-Tage?
    Industrieüblich ist Freitag – so handhabe ich das auch. Eine Zeit lang hatte ich sogar einen Release-Plan, in dem vermerkt war, wann ich welchen Song veröffentliche. Aber ich habe gemerkt, dass mich das unter Druck setzt. Jetzt release ich nur, wenn etwas fertig ist.
  • Wie verdienst du damit Geld?
    Jeder Klick wird bezahlt. Das ist aber von Plattform zu Plattform unterschiedlich. Bei Spotify bekommt man beispielsweise ungefähr drei Dollar pro 1000 Streams. Außerdem verkaufe ich Samplepacks an andere Künstler und bin selbst ein Distributor.

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