Sandra Löw Anfang erhält Anfang dieses Jahres einen Anruf von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS). Sie wäre das perfekte Match für eine erkrankte Person. Die Ambergerin fackelt nicht lange und sagt der Stammzellenspende zu.
Als sich Sandra Löw im Alter von 16 Jahren bei der DKMS registriert, rechnet sie nicht unbedingt mit dem perfekten Match. Knapp zehn Jahre später folgt ein erster Brief. Eine Person wäre auf ihre Stammzellen angewiesen, heißt es. Es folgt die Frage, ob sie bereit wäre zu spenden. „Das war im Jahr 2022”, erzählt die Ambergerin, die der Spende zustimmt. Bei einer ersten Voruntersuchung wird ihr Körper durchgecheckt und ihr Blut noch einmal genau unter die Lupe genommen. „Dann wurde das ganze aber wieder fallen gelassen”, sagt sie: „Aus verschiedenen Gründen.” – Sie muss vorerst nicht spenden.
Insgesamt sind bei der DKMS mehr als 12 Millionen potenzielle Spender*innen registriert. Über 110.000 Stammzellen wurden bereits ermittelt. Auch Sandra Löw ist mittlerweile eine davon. Die 27-Jährige erhält Ende vergangenens Jahres erneut einen Anruf der Organisation. Einer Person geht es schlecht, jetzt müsse es schnell gehen. Ein möglicher Termin wird vorgeschlagen. Nach einigen Telefonaten und ein bisschen „hin und her”, stehen die Termine für Voruntersuchung und Spende. Es folgen zahlreiche Check-Ups, Fragebögen und Gespräche mit Ärzt*innen.
Personen mit Leukämie sind häufig auf Stammzellenspenden angewiesen. Beim sogenannten Blutkrebs verändern sich die Zellen, die im Knochenmark gebildet werden. Die negative Folge: Die Blutzellen können laut Deutscher Krebsgesellschaft ihre eigentlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen und greifen den eigenen Körper an. Mittels Stammzellentransplantation wird neues Blut im Körper der Betroffenen aufgebaut. Bei Spender und Empfänger müssen nicht nur bestimmte Teil des Blutes übereinstimmen. Der zeitliche Ablauf spielt hierfür ebenfalls eine wichtige Rolle. „Im Zeitraum, in dem ich mit der Mobilisierung starte, erhält der Patient seine Bestrahlung”, erzählt die Ambergerin. Dann gibt es kein Zurück mehr: „Zu diesem Zeitpunkt ist der Betroffene auf meine Zellen angewiesen, da bei der Chemo sowohl gute als auch schlechte Zellen verstört werden.” – Sandras Stammzellen sind somit überlebenswichtig.
Mit der sogenannten Mobilisierung startet die 27-Jährige fünf Tage vor der eigentlichen Spende. „Der Arzt hat mir den Ablauf in der Vorsorgeuntersuchung erklärt und ich hatte echt ein bisschen Angst, etwas falsch zu machen”, erzählt sie. Ein YouTube-Video schafft Abhilfe. Zweimal täglich muss sich die Ambergerin selbst spritzen. Alles erfolgt nach einem strikten Zeitplan. Das Präparat kurbelt die Produktion der Stammzellen im Körper an. So sind am Spendentag ausreichend Zellen für Sandra und den Betroffenen vorhanden. Zu den Nebenwirkungen zählen laut Informationsblatt unter anderem „leichtes Fieber, Größenzunahme der Milz, Nachtschweiß, Übelkeit und ein Schwächegefühl”. Die 27-Jährige kann dies bestätigen. „Die Nebenwirkungen waren erträglich, aber am letzten Tag hatte ich so starke Schmerzen im Rücken, dass ich dann doch zur Tablette greifen musste”, erklärt sie.
Grundsätzlich stehen zwei Verfahren zur Auswahl. Die periphere Stammzellentnahme und die Knochenmarkentnahme. Spendende sollten für beide Methoden bereit sein. Bei der peripheren Entnahme werden die Stammzellen aus dem Blut, ähnlich wie beim Blutspenden, gefiltert. Die Knochenmarktentnahme verläuft unter Vollnarkose, hierbei werden die Stammzellen direkt aus dem Beckenkamm entnommen. Bei Sandra kommt die Blutentnahme zum Einsatz. Der Vorgang selbst war kein Stress, nur etwas unangenehm, erzählt sie. Acht Stunden sitzt sie insgesamt im Krankenhaus. „Von der Mobilisierung tat mir noch alles weh und ich war ein bisschen erschöpft”, sagt die 27-Jährige. Besonders nervig war, dass der Venenzugang in der Ellenbeuge im Laufe der Zeit verrutscht ist und mehrmals fixiert werden musste. „Mal im Gesicht kratzen, oder so geht nicht, man ist komplett auf die Arzthelferinnen angewiesen”, erzählt sie und gibt zu, dass sie es sich ein bisschen „chilliger” vorgestellt hätte.
Sandra hat Glück: Die Menge an Stammzellen reicht aus, sie muss nur einen Tag an die Maschine. Ihre Zellen werden direkt abgeholt und sofort verarbeitet. Dieser Vorgang wird direkt in der Klinik des*der Empfangenden durchgeführt. „Ich war kurzzeitig auch echt am Arsch”, erzählt sie. Die Erleichterung nach der Spende ist dann allerdings umso größer. „Es ist schon viel Verantwortung”, betont sie noch und fügt an: „lass irgendetwas sein, ich werde krank oder irgendetwas passiert, davon hängt ein Menschenleben ab.”
Sobald die Spende abgeschlossen ist, fallen Spender*innen automatisch in die Nachbetreuung durch die DKMS. Dann erfahren sie erste Details wie das Geschlecht und das Herkunftsland des*der Empfänger*in, ob die Person über oder unter 30 Jahre alt ist. Zudem hat Sandra bereits zugestimmt, weitere Informationen über den Gesundheitszustand der Person zu erhalten. Einem Treffen müssten beide Beteiligten zustimmen. Sandras Reaktion auf eine mögliche Kontaktaufnahme: „Klar, warum denn auch nicht.”