Timm Schinabeck hat große Ziele | Amberg24

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Timm Schinabeck zeigt beim Kraftdreikampf, was er kann. (Bild: Dedicated Sports)
Timm Schinabeck zeigt beim Kraftdreikampf, was er kann. (Bild: Dedicated Sports)
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Timm Schinabeck zeigt beim Kraftdreikampf, was er kann. (Bild: Dedicated Sports)

Timm Schinabeck hat große Ziele

Vor etwa zehn Jahren hat er mit dem Kraftsport angefangen. Heute ist der 28-Jährige aus Schwandorf mehrfacher Bayerischer Meister im Kraftdreikampf. Im Interview erzählt er von den Sonnen- aber auch Schattenseiten.

Wie bist du zum Sport und generell zum Kraftdreikampf gekommen?

Mit 16 oder 17 hat mich meine Mama zum Sport gezwungen, weil ich sehr viel Alkohol konsumiert und geraucht habe. Davon bin ich dann komplett weggekommen … Meine erste Sportstunde war Zumba. Es hat sich herauskristallisiert, dass ich ein Talent für Sport habe und dann hat sich das weiterentwickelt. Erst etwas später bin ich zum Kraftsport gekommen und seit circa drei Jahren betreibe ich ihn in dem Ausmaß wie jetzt. Bei diesem Sport wird dir nichts geschenkt. Man braucht eine gewisse Disziplin. Egal woher man kommt, jeder muss das gleiche reinstecken. In dem Moment, in dem man den Sport macht, ist keiner arm oder reich – sondern alle sind auf einer Augenhöhe.

Wie bereitest du dich auf Wettkämpfe vor?

Ich trainiere fünf Mal die Woche für je drei Stunden. Jeder Tag ist anders und individuell – Ausdauer ist auch dabei. Am liebsten trainiere ich alleine. Das finde ich angenehmer und ich kann mich besser konzentrieren. Mein Training ist immer wettkampforientiert, aber nicht so schwer, wie man denkt. Ich setze auf maximal 70 Prozent der Last. Und dann gibt es bestimmte Peaking-Wochen, da bewege ich das Maximalgewicht. Mein Coach plant meinen Trainingsplan komplett durch und hat einen neutralen Blick auf meine Leistung. Er hat auch eine Vorbildfunktion für mich und ich bin froh, dass ich das Thema abgeben kann. Ich baue auch meinen Alltag um meinen Sport herum. Es gibt keinen Tag und keine Woche, an dem ich ihn ausfallen lasse. Außer, wenn ich krank bin. Das wird auch häufig unterschätzt: Ich achte auf meine Ernährung, trinke keinen Alkohol und gehe nicht feiern. Das ist der Preis, den man zahlt.

Du bist vor kurzem zum dritten Mal bayerischer Meister im Kraftdreikampf geworden …

… und Vize-Gesamtsieger. Also von allen Männern in allen Gewichtsklassen bin ich der Zweitstärkste. Ich bin in der Klasse bis 105 Kilogramm. Über mir gibt es noch zwei weitere Klassen: die bis 120 und die ab 120 Kilogramm.

Was bedeutet dir der Sieg?

Der erste Sieg 2022 hat mich sehr gefreut. Aber das besondere Gefühl hat seither abgenommen. Es haben mich auch viele danach angesprochen und gesagt, sie wussten, dass ich gewinnen werde. Zum Zweitplatzierten liegen 40 Kilo Unterschied, es war also sehr eindeutig. Da nimmt die Freude dann schon ein bisschen ab. Man fällt danach auch in eine kleine Depression, weil man nicht mehr an das Glücksgefühl vom ersten Sieg rankommt. Da ist es dann wichtig, dass man den Sport nur für sich macht und nicht für die Platzierung. Deshalb habe ich diesmal auch versucht, den Wettkampf mehr zu genießen als den Gewinn. Aber natürlich wäre mein Ego gekränkt gewesen, wenn ich nicht gewonnen hätte.

Woher bekommst du die mentale Stärke für deinen Sport?

Aktiv mache ich nichts dafür, aber ich glaube, ich wurde durch meine erste Ausbildung im Handwerk geprägt. Da musste ich auch immer früh aufstehen und mit dem Roller zur Arbeit. Und natürlich auch durch meine Zeit bei der Bundeswehr – ich war dort vier Jahre. Mein Motto ist, die Grenze zu verschieben. Es geht immer noch weiter. Die Bundeswehr hat mich gelehrt, dass meine Grenze weit hinten ist und mich stark geprägt, was mein Mindset und meine Mentalität betrifft.

Was sind deine nächsten sportlichen Ziele?

Ich möchte die Deutsche Meisterschaft 2025 gewinnen. Die Chancen stehen nicht schlecht – bei der diesjährigen bin ich Sechster geworden. Wenn ich mich anstrenge und das Glück auf meiner Seite ist, könnte es klappen. Aber oft haben junge Hüpfer mit 21 oder 22 noch anders Dampf. Ich habe aber den Vorteil, wenn es schwierig wird: Ich treffe Entscheidungen klüger, dadurch, dass ich schon so viel durch habe. Danach ist für mich Schluss mit dem Kraftdreikampf. Dann werde ich nur noch privat Gewichtheben. Ich möchte ein bisschen schlanker werden und wieder mehr laufen, klettern, tauchen und snowboarden. Der jetzige Sport verhindert das.

Du coachst auch selbst Sportler. Wie sieht ein Coaching bei dir aus?

Ich coache aktuell 15 Sportler und schreibe für sie Trainings- und Ernährungspläne. Ich versuche mich dabei auf Anfänger zu spezialisieren. Da ist ein Fortschritt leichter zu erzielen und es macht mir auch mehr Spaß. Dazu gibt es ein Erstgespräch und wir gucken uns ihre Ziele an und schauen, wohin sie wollen. Es ist immer leichter, wenn die Leute ein Ziel vor Augen haben. Das reicht von normaler Fitness und Abnehmen über Bodybuildung und Powerlifting. Manchmal treffen wir uns auch alle zum Teamtraining.

Du bist zudem sehr aktiv auf Instagram und TikTok. Was ist dort dein Ziel?

Mein Ziel suche ich tatsächlich noch. Das ist manchmal gar nicht so leicht, wie man denkt. Ich bin viral gegangen und groß geworden, als ich noch bei der Bundeswehr war – der Content ging damals viel in diese Richtung. Ich möchte einfach die Leute motivieren und unterhalten. Wichtig ist, dass man sich selbst nicht zu ernst nimmt. Ich lade die Videos aus dem Bauch heraus hoch – und jetzt fange ich erst mit der richtigen Contentplanung an. Es wird in Zukunft auch neue Formate geben, damit aus den jetzt vielen Followern langfristig eine Community wird. Durch die viralen Videos mit jeweils 12 bis 15 Millionen Aufrufen, die auf der ganzen Welt geteilt wurden, habe ich eine riesen Fanbase in den USA, obwohl mein Content nur auf deutsch ist.

Du sagst selbst, dass du finanziell von Social Media leben könntest. Profitierst du noch auf andere Weise davon?

Ja, ich könnte das schon stark monetarisieren, aber durch meinen Hauptjob gebe ich mir die Freiheit, das als Hobby zu betreiben. Ich habe das aus Spaß angefangen und wenn ein Hobby zur Arbeit wird, macht es irgendwann keinen Spaß mehr. Das ist wie mit dem Sport auch. Letztes Jahr war es sehr krass, was die Aufmerksamkeit betrifft. Mich kannte jeder – positiv und negativ. Das gehört dazu. Ich konnte nirgends hingehen, ohne erkannt zu werden. Damit muss man auch erst mal umgehen können. Manchmal ist es unangenehm – manchmal unpassend. Man ist auch nicht jeden Tag gut drauf und dann muss man eine Maske aufsetzen. Und ich habe immer im Hinterkopf, dass mich jemand kennen könnte, wenn ich irgendwo bin.

Du zeigst dich auf Social Media freizügig und bekommst oft belästigende Kommentare. Wie gehst du damit um?

Das war mit ein Grund, weshalb ich zur Therapie gegangen bin. Wenn man das permanent abbekommt und keiner es mitbekommt, macht das was mit einem. Ich habe mit meiner Therapeutin erarbeitet, dass ich die Kommentare ignoriere und einschränke – über 50 Prozent gehen in diese Schiene. Zu meinen Höchstzeiten waren das 200 bis 300 am Tag – von Frauen und Männern. Ich habe auch bestimmte Bilder von Männern bekommen. Es hat mich sehr belastet nur noch sexuelle Nachrichten zu bekommen – und nicht mehr zu mir oder meinem Sport. Das verändert den gesamten Social-Media-Auftritt. Ich habe hier zuletzt auch einen Post veröffentlicht, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Das hat sehr geholfen, weil es den Leuten so erst vor Augen geführt wurde. Viele wussten auch meine sexuelle Orientierung nicht, das habe ich jetzt in meine Insta-Bio aufgenommen. Daraufhin wurde es weniger – aber auch meine Followerzahl ist ein wenig gesunken. Ich habe meine Freizügigkeit mittlerweile sehr eingeschränkt, weil ich dadurch sehr hart sexualisiert wurde. Das war gar nicht meine Absicht. Aber ich komme aus dem Bodybuildung, da ist es ganz normal sich so zu präsentieren – auch um seine Fortschritte zu zeigen. Ich werde das jetzt nur noch vereinzelt einbinden. Gewisse Gruppen sind jetzt auch schon für einen bestimmten Content ausgeschlossen.

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