Männer in der Verantwortung: So schafft ihr ein besseres Sicherheitsgefühl bei Frauen | Amberg24

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Auch Männer können helfen, das Sicherheitsgefühl von Frauen zu erhöhen. (Bild: Alex Linch)
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Auch Männer können helfen, das Sicherheitsgefühl von Frauen zu erhöhen. (Bild: Alex Linch)

Männer in der Verantwortung: So schafft ihr ein besseres Sicherheitsgefühl bei Frauen

Auch Männer können helfen, das Sicherheitsgefühl von Frauen zu erhöhen. Ein Experte gibt konkrete Tipps, wie jeder dazu beitragen kann – vom Einhalten persönlicher Grenzen bis zum Bewusstsein für Rollenbilder.

Altstadtfest, Sportlerfrühschoppen oder Hexennacht: Die Stimmung auf den Amberger Festen ist meist ausgelassen. Menschen feiern gemeinsam und haben eine gute Zeit. Geht's dann um den Heimweg, schlägt die Stimmung bei vielen Frauen um. Aus Angst vor Übergriffen wählen sie häufig einen gemeinsamen Heimweg oder teilen sich ein Taxi.

Frauen fühlen sich besonders nachts oft unsicher

Laut einer Studie des Bundeskriminalamts (BKA) für „Sicherheit und Kriminalität in Deutschland” von 2020 ist diese keine Seltenheit: 58 Prozent der Frauen meiden nachts bestimmte Orte. Zudem weichen weibliche Personen in der Nacht Fremden aus – ein Großteil (67 %) der Befragten schätzt auch die öffentlichen Verkehrsmittel als unsicher ein.

Auch in Amberg bestätigen Frauen die allgemeine Unsicherheit. „Auf ner Skala von 1 bis 10, wenn 10 sehr sicher ist, leider nur eine 6” antwortet eine Userin auf eine Umfrage von Amberg24 zum Thema „Sicherheit in Amberg”. Weitere Nutzerinnen schildern Erfahrungen, wie sexuelle Übergriffe: „auch hier wird man angefasst”, andere schreiben „sie werden oft angesprochen”.

„Es ist wichtig zu sagen, dass ein Großteil der sexualisierten Gewalt und gewalttätigen Übergriffe im nahen Umfeld stattfinden und von Menschen ausgeht, die man kennt”, erklärt Flo Jalsovec. Er arbeitet im Jungenbüro Nürnberg, einer Informations- und Beratungsstelle für Jungen und junge Männer. Beide beraten sowohl übergriffige Jungen und Männer als auch männlich gelesene Personen, die Opfer von Gewalt wurden.

„Es passieren auch viele Sachen auf Partys, aber deutlicher weniger als in den eigenen vier Wänden”, ergänzt Jalsovec. Da aber nur ein Teil der Betroffenen Übergriffe und Belästigung zur Anzeige bringen, ist eine Dunkelziffer hoch.

„Das ist leider der Fall, dass wir uns an vieles auch gewöhnt haben. Deshalb ist vieles, was sich verändert, auch in der Feierkultur, in der öffentlichen Debatte erstmal verpönt. Wir haben uns an vieles gewöhnt, was eigentlich eine Grenzüberschreitung ist”, erklärt der Experte die Situation.

Wie können Männer Frauen ein sicheres Gefühl geben?

Für Frauen gibt es viele Ratgeber und auch Hilfestellung seitens der Amberger Polizei, um sich gegen Übergriffe auf Veranstaltungen zu schützen. Viele Institutionen haben noch nicht verinnerlicht, dass auch Männer agieren, helfen oder das Bewusstsein für mehr Sicherheit schaffen können. Auch Polizeioberkommissar Marcus Helfensdörfer bestätigte im Telefonat im Rahmen des Orange Days, dass Tipps für Männer bisher nicht auf der Agenda standen. Man stehe dem Thema offen gegenüber und wolle sich weiter informieren. Zudem gehe der Polizeisprecher von einer allgemeinen Zivilcourage bei Übergriffen aus.

Doch was können Männer aktiv tun, um Frauen mehr Sicherheit in der öffentlichen Gesellschaft zu geben? Wie können sie über die Zivilcourage hinaus handeln und gewisse Situationen bereits im Keim ersticken? Organisationen wie Amnesty International oder die UN geben unter anderem Tipps zu diesen „Green Flags”:

1. Ein Bewusstsein entwickeln

Gewisse Rollenbilder, Verhaltensweisen und Muster haben sich in der Gesellschaft etabliert. Probleme und Unsicherheiten, die Frauen beschäftigen, haben viele Männer nicht auf dem Radar. Deshalb empfiehlt es sich, erst einmal selbst ein Bewusstsein für die Situation zu entwickeln. Es hilft bereits, mit Frauen im Bekanntenkreis zu sprechen und gemeinsam zu reflektieren. Hinterfragt zudem euer Verhalten, Handeln und geschlechtsspezifische Stereotypen.

Wer Interesse hat, kann laut Jalsovec auch feministische Bücher lesen oder Instagram-Accounts abonnieren. Beispiel dafür ist unter anderem das Buch „Sei kein Mann” von JJ Bola.

2. Catcalling und sexistische Witze unterlassen

Catcalling, also sexuell anzügliches Rufen, sexistische Witze oder Pfeifen, sind für Frauen kein Kompliment. Deshalb sollten Männer auf vermeintlich lustige Sprüche oder Verhalten verzichten: „Ein Punkt ist, wenn man in der Runde sitzt, in der Fußballmannschaft, am Stammtisch oder wo auch immer. Das ist auf jeden Fall eine konkrete Maßnahme, um sexistische Witze, Erzählungen aus dem Alltag, auch wenn es der beste Kumpel ist, zu unterbinden”

„Viele Jungs kennen einfach keine persönlichen Grenzen, und wie sollen diese das dann bei anderen merken”, erklärt der Experte. Hierbei sollte Man(n) auch bedenken, dass Catcalling auch physisch stattfinden kann. Sich im öffentlichen Verkehrsmittel möglichst breitbeinig zu präsentieren oder (un)bewusst besonders viel Platz einzunehmen, geht zu weit.

3. Mit anderen Männern austauschen

Männer selbst sollten andere Männer darauf hinweisen, wenn sie sich gegenüber Frauen unangemessen verhalten. Zudem sollte der Austausch im Freundes- und Familienkreis sowie der Schule ebenfalls gegeben sein. Auch Männer dürfen und sollen über Rollenbilder sprechen und ihre Vorbilder einordnen und reflektieren. Da sei laut Jalsovec aber häufig schwer und erfordere viel Mut. „Da ist eine ganze Kultur gewachsen. Da geht es um das allgemeine Frauenbild oder Männer, die nicht männlich sind, da diese noch immer abgewertet werden.”

4. Achtsam sein und einfach mal die Straßenseite wechseln

Wie der Experte verrät, fehlt es vielen Männern an Selbstreflexion. „Ich bin ja kein Täter, also ich muss mich ja nicht damit beschäftigen, wie ich als Mann im öffentlichen Raum wirke”, sind Aussagen, mit denen Jalsovec in der Zusammenarbeit mit jungen Männern häufig konfrontiert ist.

Viele Männer unterschätzen unter anderem, wie sich Frauen auf ihrem Heimweg fühlen und welche Situationen unangenehm sind. Der Experte rät deshalb, der Experte rät deshalb, mal nachzufragen, ob die gemeinsame Freundin nach Hause begleitet werden will. Wer in die gleiche Richtung muss wie eine fremde Frau, kann dieser die Strecke ebenfalls erleichtern. „Lauf einen Umweg, bleib kurz stehen und dreh dir noch entspannt eine Zigarette oder schreib am Handy, lass sie einfach vorlaufen”, erklärt der Experte, der es auch als sinnvoll empfindet, die Straßenseite zu wechseln und Frauen den nötigen Raum zu geben.

5. Einschreiten und Zivilcourage zeigen

„Zivilcourage zeigen und einschreiten ist natürlich immer eine wichtige Sache im öffentlichen Raum”, erklärt Jalsovec. Männer sollten anderen Männern ihre Grenzen aufzeigen, Fehlverhalten zur Sprache bringen und Aufklärung betreiben. Manchmal reicht es bereits, sich in das Blickfeld eines gaffenden Mannes zu stellen, um einer Frau zu helfen, wie ein Aufklärungsvideo des Bundesstaats Victoria zeigt.

Mehr Aufklärung für Jungen und Männer notwendig

All die genannten Tipps seien für Jalsovec sinnvoll. Der Experte betont, es sei wichtig, über das gesellschaftliche Männerbild im Allgemeinen zu sprechen und fordert „Mehr Männerarbeit”. Man müsse mehr Geld und Zeit in junge Männer investieren.

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