Ein Abend mit der Prinzengarde der Narrhalla Rot-Gelb Amberg | Amberg24

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Der erste Auftritt ist geschafft, die Prinzengarde zieht aus. (Bild: knz)
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Der erste Auftritt ist geschafft, die Prinzengarde zieht aus. (Bild: knz)

Ein Abend mit der Prinzengarde der Narrhalla Rot-Gelb Amberg

Was für die einen auf einer Skala zwischen maskiertem Spaß und Horror liegt, ist für die 17 Tänzerinnen der Narrhalla Rot-Gelb Amberg Leidenschaft. Wir haben die Mädels auf einem ihrer größten Auftritte begleitet: dem Galaball im ACC.

17 Federhüte. 17 bauschige Unterröcke. 17 verschiedene Lachen mischen sich am Samstag in einer der unteren Garderoben des ACC in Amberg. Es steht der Prinzengarde der Narrhalla Rot-Gelb ein langer Abend vor, der Galaball, mit zwei Auftritten, Pflichtwalzer, selbstgemachten Schnäpsen und jeder Menge Spaß an der Gemeinschaft und am Tanzen. Doch gerade ist es erst kurz vor halb sieben. Zwei Minuten, um genau zu sein. „Zwei Minuten vorher und es sind schon fast alle da”, lobt Kommandeuse und Trainerin Anja Weigl.

Der erste Auftritt, der klassische Gardemarsch, ist zwar erst in zwei Stunden, aber je früher sich die Mädels treffen, desto besser. Schließlich müssen Haare geflochten, Lippen geschminkt, Gesichter beglitzert und Bratapfellikör aus dem Thermomix verkostet werden. „Nicht denken, dass wir nur zum Saufen hier sind”, sagt Anja dazu, nur an eigenen Veranstaltungen sei man da ein bisschen lockerer. Fasching ist eben beides: hartes Training und ein Jahr Vorbereitung, aber auch Party und eine gute Zeit. „Manchmal werden wir gefragt, wie viel wir über eine Faschingssaison abnehmen. Als ob wir im Fasching abnehmen würden”, erzählt Anja. Ihre Kolleginnen stimmen ihr lachend zu.

Ehrenwalzer und Showtanz

Dann trommelt die Kommandeuse ihre Tänzerinnen zusammen und geht den Ablauf des Abends durch. 20.30 Uhr erster Tanz, danach Ehrenwalzer mit den wichtigsten Gästen – ja, alle müssen sich jemanden suchen –, Lose für die Tombola verkaufen. Dann umziehen zum Showtanz, das Thema ist Rock, der Auftritt um 23.30 Uhr. Und dann kommt der gemütliche Teil. „Dann ziehen wir alle unsere eigenen Kleider an und gehen selbst auf den Ball.”

Anjas Vorschlag: Noch vor dem Umziehen den Gardetanz durchhüpfen? Die Mädels finden es gut. Also geht es nach oben auf die Galerie des ACC. Über den in Smoking und Abendkleid eintrudelnden Ballgästen und zwischen Bar und Stehtisch formiert sich die Garde und schwingt die Beine. Mehr oder weniger fehlerfrei, aber ja noch ohne Publikum. Zurück in der Garderobe werden dann die Wärmesalben ausgepackt. „Wir machen jetzt unsere Sauna”, witzelt Anja. Dieser Trick hat sich irgendwann eingebürgert: Mit Wärmesalbe dehnt es sich besser, und gut gedehnt tanzt es sich besser.

Auf die wärmegesalbten Beine kommen dann die dicken, glänzenden Gardestrumpfhosen, denen auch ein Spagat auf Holzboden keine Laufmasche reißen kann. Die Uniform der Prinzengarde besteht aus schwarz-weißen Röcken mit roten Ornamenten und goldenen Borten, einem passenden Oberteil mit langen Puffärmeln und Hüten mit einem Turm roter Federn. An den Füßen tragen die 17 Tänzerinnen heute dünne schwarze Gardestiefel, manchmal aber auch rote, straßentaugliche.

Aufwärmen wie auf dem Fußballplatz

Nun geht es ans Aufwärmen und Dehnen. Die Mädels hüpfen wie direkt vom Fußballplatz über die Galerie im ersten Stock des ACC. Nicht ganz wie ein Fußballer schwingt eine von ihnen im Laufen das Bein Richtung Federhut. Andere hocken im Froschsitz oder wippen sich in den Spagat. Der ist gar nicht so einfach, aber auch nicht unmöglich. „Du bist das beste Beispiel”, sagt Elena, eine der Tänzerinnen, zu ihrer Kollegin Nici. Die nickt. „Als ich in der Kindergarde war, bin ich runtergekommen. Dann hab ich es schleifen lassen, aber jetzt kann ich es wieder.”

Während die Verspannungen in den Muskeln weggedehnt werden, steigt die Anspannung in der Garde. Die einen gehen noch ein letztes Mal ihre Tanzschritte durch, die anderen versuchen verzweifelt, sich gegenseitig Walzer beizubringen. „Es ist nicht so schlimm wie vor dem Silvesterball, wenn wir den Tanz das erste Mal aufführen. Aber ein bisschen Anspannung ist schon da”, gibt Anja zu. Besonders, als sich die 17 der Reihe nach vor der Tür des großen Saals aufstellen. Ihnen voraus zieht die Jugendgarde – in Pink – ein, Anja mit dem Maskottchen auf dem Arm führt die Prinzengarde an.

Repräsentativ auf der Bühne

Die Mädels flankieren links und rechts die Bühne, in der Mitte stehen Narrhalla-Präsident Jürgen Mühl gemeinsam mit Oberhofmarschallin Iska Rausch von Traubenberg, dem Prinzenpaar Sabrina I., und Dominik I. und dem restlichen Hofstaat. Lange müssen sie nicht warten, dann kommandiert die Kommandeuse Anja die Garde in die Startposition. Zu „The Riddle” und „It's Raining Men” springen die Mädels in verschiedene Formationen, springen und werfen die Beine in die Luft, springen in Spagate. Wie anstrengend das ist, sieht man spätestens, als sie zurück auf ihre Plätze am Bühnenrand marschieren und dabei ganz schön schwer atmen.

Lange verschnaufen können sie aber nicht, schließlich eröffnet das Prinzenpaar nun mit einem Ehrenwalzer die Tanzfläche. Und die Tänzerinnen gleich mit. Sie holen sich aus dem Publikum die wichtigsten Ehrengäste – vor allem eher ältere Männer – und zeigen ihre frisch erlernten Walzerkünste. Dann, endlich, ist Ausmarsch.

Durchschnaufen

Jetzt ist Zeit, sich kurz hinzusetzen und durchzuschnaufen. Bis zum Auftritt der Jugendgarde ist die einzige Aufgabe, Lose für die Tombola im Foyer zu verkaufen. Dazu gehen die Mädels in Grüppchen, mit Plastikeimerchen bewaffnet, durch die Tischreihen und bieten den Gästen einen Griff in die Eimer an. Andere Tänzerinnen haben sich in die Garderobe zurückgezogen und machen dort Faxen. Um sich umzuziehen, ist es noch zu früh. Denn an diesem Abend steht noch ein besonderer Punkt auf dem Programm: Oberhofmarschallin Iska bekommt für 40 Jahre Arbeit im Vorstand und 30 Jahre als verantwortliche Oberhofmarschallin den höchsten Orden des Bunds Deutscher Karneval. Auch dazu stellt sich die Garde natürlich repräsentativ auf die Bühne.

„Der Abend vergeht so schnell”, murmelt Anja. Als Kommandeuse ist sie unter anderem dafür verantwortlich, dass ihre Mädels zur richtigen Zeit im richtigen Outfit am richtigen Ort sind. Nachdem alle offiziellen Termine in Gardeuniform abgehandelt sind, sammeln sich die Tänzerinnen wieder in der Garderobe. Diesmal, um sich in Fischnetzstrumpfhosen, Lederkorsagen und Fransenröcke zu schmeißen. Die meisten bürsten Extensions durch, die dem Begriff Pferdeschwanz alle Ehre machen. Daraus flechten sie sich gegenseitig halbmeterlange Zöpfe. „Das ist das Tolle hier”, findet Esra, seit 14 Jahren Gardemädchen, „alle helfen sich hier gegenseitig.”

Ballkleid, High Heels, Glitzer im Gesicht

Die letzte Tanzpause für die Ballbesucher ist der letzte Tanzauftritt für die Garde. Sie schleudern leuchtende Kugeln an Schnüren durch die Luft, durch den Saal schallen harte E-Gitarren, das Publikum liebt es. Unter lautem Applaus zieht die Garde wieder aus. Und dann ist es vorbei. Unter Geschnatter und Lachen geht es zurück in die Garderobe, ein letztes Mal. Ballkleider werden aus den Kleidersäcken genommen, High Heels aus den Sporttaschen gekramt. Einige kühlen sich mit einem Föhn die verschwitzten Gesichter. Geschminkt wird nicht mehr, weil das Garde-Make-up hält einen solchen Abend locker durch.

„Das ist immer der Abend, an dem alle ihre neuen Kleider präsentieren”, sagt Anja und grinst. Wann hat man auch sonst die Gelegenheit dazu? Im Foyer stellen sich die Mädels zu einem letzten Gruppenfoto auf, der Größe nach, wie sie es von der Bühne gewohnt sind. Es ist inzwischen halb eins. Höchste Zeit für eine äußerst wichtige Nachbesprechung – in der Bar.

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