Mit 34 Jahren wagt die Ambergerin Tanja Rösl ein besonderes Abenteuer: Ende 2024 coacht sie zehn Wochen lang auf der philippinischen Insel Siargao CrossFit®.
Umgeben von Traumstränden und tropischem Klima verbindet sie ihre Leidenschaft mit einer Erfahrung, die ihre Sicht auf Training, Community und Leben verändert – im Interview erzählt sie von ihrer Zeit auf der Insel.
Wie bist du zum Crossfit® gekommen und Trainerin geworden?
Ich bin 2014 durch einen Freund zum CrossFit® gekommen. Er meinte, in Amberg hat was Verrücktes aufgemacht und ich wollte das ausprobieren. Beim Probetraining merkte ich schnell, dass es viel anspruchsvoller ist, als ich erwartet hatte – aber auch extrem abwechslungsreich und spaßig. Schon nach ein paar Stunden habe ich mein Fitnessstudio-Abo gekündigt. Trainerin wurde ich 2016, als die Amberger Box weiterwachsen wollte. Da ich schon im Fitnessstudio Kurse gegeben hatte, war die Entscheidung sofort klar.
Was ist CrossFit® und für wen ist es geeignet?
CrossFit® ist eine Marke, es ist ein funktionales Training. Die Räume nennt man „Box“. Grundsätzlich beinhaltet es verschiedenste Komponenten: Ausdauersport, Kraft- und Skilltraining, olympisches Gewichtheben, aber auch Koordinations- und Schnelligkeitstraining. Es bedient mehrere Sportarten auf einmal und kann an verschiedene Fitnesslevel angepasst werden. Niemand ist zu alt oder zu unfit für CrossFit®. Der Älteste bei uns ist 71 und hat auch erst mit 68 Jahren gestartet. Egal ob Anfänger oder Fortgeschrittener – jeder trainiert gemeinsam, pusht sich gegenseitig und wächst über sich hinaus. Das macht die CrossFit®-Community aus.
CrossFit® gilt als sehr intensiv und extrem – stimmt das?
Der Sport hat oft einen negativen Ruf, weil man online vor allem die extremen Athleten sieht, die täglich stundenlang trainieren und ihr Leben darauf ausrichten. Doch um so auszusehen – besonders als Frau – bräuchte es gezieltes, jahrelanges Training. Für die meisten ist das kaum erreichbar. Der Mythos, dass Frauen automatisch zu muskulös werden und ihre Weiblichkeit verlieren, hält sich hartnäckig, aber ich bemühe mich, diese Vorurteile aufzuklären.
Was ist die größte Herausforderung für die Sportler?
Ich glaube, für viele geht es darum, die Balance zwischen Ehrgeiz und sportlichen Zielen zu finden, ohne den Spaß zu verlieren. Jeder bestimmt sein eigenes Tempo. Es fordert dich immer wieder und lässt dich neue Dinge lernen. Aber der Spaß dabei muss bleiben, schließlich verbringt man viel Zeit damit. Und mental: Wenn du ein hartes Workout meisterst und merkst, dass du es geschafft hast, stärkt das dein Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein – und hat einen positiven Effekt auf dein ganzes Leben.
Wie kam es zu den zehn Wochen Coaching auf den Philippinen?
Es war eher ein spontaner Zufall. Ein Kollege erzählte, dass er auf Siargao coacht, und ich erwähnte, dass ich auch mal Lust hätte, etwas anderes zu erleben. Wenige Wochen später kam dann die Nachricht von ihm, dass für Ende des Jahres ein Bedarf an Coaches besteht, und ob ich Interesse hätte, zu kommen. Anfang September haben wir dann alles fix gemacht und Mitte Oktober bin ich geflogen.
Hast du die Reise organisiert?
Ich habe alles selbst gemacht: Flug und Unterkunft gebucht und ansonsten gab es nicht viel zu tun. Vielleicht habe ich es mir auch etwas einfach gemacht, weil ich mir nicht allzu viele Gedanken gemacht habe. Für die Coaching-Stunden wurde ich ganz normal bezahlt. Da ich selbstständig bin, musste ich keinen Urlaub nehmen und konnte meine Arbeit einfach mitnehmen. Insgesamt hatte ich keine großen Erwartungen und dachte mir, wenn es mir nicht gefällt, fahre ich eben wieder nach Hause.
Wie war dein Eindruck von der Community dort?
Am ersten Tag bin ich direkt in die Box, um zu sehen, wo ich gelandet bin. Ich habe mich sofort wie zu Hause gefühlt. Die Atmosphäre und Community waren herzlich und familiär, sie haben es mir echt leicht gemacht. Hauptsächlich trainierten dort Urlauber – aber auch Einheimische. Die Kommunikation lief auf Englisch, nicht nur wegen der Touristen und digitalen Nomaden, sondern auch, weil die Philippinos ihre Dialekte untereinander oft nicht verstehen (schmunzelt). Besonders auffällig war, dass der Fokus weniger auf Leistung lag, sondern mehr auf Spaß – was sicher auch an der Urlaubsatmosphäre lag.
Wie sah ein typischer Tag aus?
Mein Tag begann um sechs Uhr mit einer Morgenmeditation am Meer. Danach ging es in die Box, wo ich die Early-Bird-Sessions ab sieben Uhr vorbereitet habe. Das war etwa drei- bis viermal die Woche für zwei bis drei Stunden. Nach der Mittagspause habe ich dann selbst trainiert. Wegen den sieben Stunden Zeitverschiebung habe ich ab 16 Uhr meine Arbeitstermine mit Deutschland gemacht, das hat perfekt gepasst. Die Abende habe ich oft mit
anderen Trainern, meiner Zimmerkollegin oder mit Menschen, die ich dort kennengelernt habe, verbracht. An meinen freien Tagen standen Insel erkunden, Strandtage und andere typische Touristensachen an.
Welche Herausforderungen hattest du als Trainerin?
Eine große Herausforderung war die Gruppengröße, die mit bis zu 35 Teilnehmern dreimal so groß war wie zuhause. Ich musste lernen, klar zu kommunizieren, die Aufmerksamkeit aller zu sichern und das Gruppenmanagement im Blick zu behalten. Und auch das Klima war für mich eine Herausforderung. Die extreme Hitze hat mir das Training erschwert, sodass ich meine gewohnte Leistung gar nicht abrufen konnte.
Wie bist du mit Einsamkeit umgegangen?
Die ersten Tage waren schon schwer, besonders der Abschied. Doch nach drei bis vier Tagen kam meine deutsche Zimmerkollegin und wir haben uns sofort gut verstanden. In einsamen Momenten haben mir Meditation, Journaling und Reflexion geholfen. Die CrossFit®-Community war ebenfalls ein großer Anker. Ich habe mich auf alles eingelassen und auch viel über die Insel gelernt. Mit einigen habe ich immer noch Kontakt – ich dürfte auch jederzeit wiederkommen, was wohl heißt, dass es doch nicht so schlimm war, dass ich da war (lacht).
Gab es besondere Momente, die dir in Erinnerung geblieben sind?
Es gibt keinen einzelnen Moment, sondern eher viele kleine Erlebnisse, die mir zu dem Zeitpunkt gar nicht so besonders vorgekommen sind, ich aber jetzt umso mehr schätze. Schon die Landschaft war einfach unglaublich – die Kokosnussbäume, die Palmenplantagen und das atemberaubend blaue Wasser – das kann man sich gar nicht vorstellen. Außerdem wurden wir oft von Einheimischen eingeladen, haben mit denen gegessen und ich habe sogar Roller fahren gelernt. Besonders war auch der persönliche Input der Leute – warum sie da sind und was sie bewegt – das sind wertvolle Perspektiven.
Was hast du aus dieser Erfahrung mitgenommen?
Für mich war es eine Rückbesinnung auf Einfachheit. Die Menschen dort leben mit so wenig, und ich habe gelernt, dass man oft gar nicht mehr braucht. Die Zeit hat mir auch bestätigt, dass der Sport für mich viel mehr ist als nur Training – es ist eine Lebenseinstellung, die mir Freiheit und Abwechslung schenkt. Besonders wichtig für mich ist die Community und die Herzlichkeit, die ich dort erfahren habe. Das hat mir neue Perspektiven und Ziele für unsere Box zu Hause eröffnet. Ich stelle mir vor, dass sie auch ein Ort zum Verweilen wird, mit einer gemütlichen Lounge, einer Siebträgermaschine und einer Atmosphäre, in der sich die Leute auch an ihren Restdays treffen – einfach, um die Community zu erleben und einen guten Kaffee zu genießen. Und ich würde gerne mein Gesundheits- und Ernährungscoaching mehr mit dem Sport verknüpfen.