Daniel Biersack ist fasziniert vom Paranormalen. Geistererscheinungen und Spukphänomenen. Mit seinem Ghosthunterteam Bavaria untersucht der 34-jährige gebürtige Nittenauer unheimliche Orte.
Im Interview erzählt Daniel von unerklärlichem Kindergeschrei, Trigger-Objekten und seiner Motivation: Er will beweisen, dass es etwas nach dem Tod gibt.
Was war das Unheimlichste, das du bisher erlebt hast?
Mein unheimlichstes Erlebnis hatte ich im Sanatorium Schwarzeck in Bad Blankenburg in Thüringen. Ich war mit meinem Team vor Ort, weil wir das Gebäude untersuchen wollten. Ab 1901 diente es als „Kuranstalt mit physikalisch-diätetischen Heilwesen“. Nachdem der Sanatoriumsbetrieb eingestellt war, wurde es als Ingenieurtechnische Schule der Luftwaffe während des Zweiten Weltkriegs genutzt, gegen Ende des Krieges auch als Lazarett für verwundete Soldaten. In diesem Gebäude sind viele schlimme Dinge passiert – was es für uns als Ghosthunter interessant macht. Während der Untersuchung haben wir nichts gehört, aber als wir die Aufnahmen ausgewertet haben, haben wir schreckliches Kindergeschrei gehört. Aufgezeichnet hatte das eine Kamera, die alleine im Flur stand. Während wir vor Ort waren, war niemand anders in dem Gebäude – vor allem keine Kinder. Es war nachts und das Anwesen steht im Wald. Bis heute können wir uns diese Aufnahmen nicht erklären.
Seit wann fasziniert dich das Paranormale?
Ich habe diese Faszination schon seit meiner Kindheit. Ich bin in der Nähe der Burg Stockenfels bei Nittenau aufgewachsen, der berühmtesten Geisterburg Bayerns. Im Dorf hat man sich Geistergeschichten darüber erzählt. Ich habe mich dafür interessiert, das scheinbar Unerklärliche ist wahnsinnig spannend. Das ist bis heute so.
Seit 2009 bist du im Ghosthunterteam Bavaria ...
... und seit 2018 leite ich es. Aktuell sind wir zu dritt. Wir sind aber immer offen für neue Mitglieder. Im Vergleich zu unseren Anfängen ist der Geisterjagd-Hype in den vergangenen drei Jahren zurückgegangen. Ich denke es liegt daran, dass zwar viele Interesse haben, aber das Hobby nicht gerade billig ist. Wir reisen viel herum, um Gebäude und Anwesen zu untersuchen, das kostet Zeit und Geld.
Wie muss man sich die Arbeit von Geisterjägern vorstellen?
Grundsätzlich geht es darum: Wir wollen herausfinden, ob es etwas nach dem Tod gibt. Der menschliche Körper ist eine Masse, die irgendwann verschwindet. Doch die Seele ist eine Energie, die sich nicht einfach auflöst. Was passiert mit ihr nach dem Tod? Und können wir mit ihr kommunizieren? Das wollen wir herausfinden. Um mit den Wesen zu kommunizieren sind wir mit viel technischem Equipment ausgestattet. Alles, was wir über die Geisterjagd wissen, haben wir uns über die Jahre hinweg selbst angeeignet. Ein Beispiel: Wenn sich etwas zeigen will, ändert sich oft die Temperatur. Wir lernen aus Erfahrung. Wir suchen nach Objekten, beispielsweise Burgen, verlassene Häuser oder Orte, in denen es spuken soll. Entweder die Gebäude sind frei zugänglich oder wir fragen bei den Besitzern an, ob wir eine Nacht darin verbringen dürfen. Vor Ort versuchen wir mit den Seelen und Energien zu kommunizieren und mehr über sie und ihre Vergangenheit zu erfahren. Allerdings ist eines wichtig: Wir arbeiten immer mit einem wissenschaftlichen Ansatz. Erst, wenn alle rationalen Gründe für eine Erscheinung oder ähnliches ausgeschlossen sind, halten wir es für möglich, dass wir es mit etwas Übersinnlichem zu tun haben.
Werdet ihr auch von Privatpersonen, die etwas Unheimliches erleben, angefragt?
Immer wieder, ja. Vor einigen Jahren haben wir solche Fälle auch angenommen, aber das machen wir nicht mehr. Ein spezieller Fall ist mir in Erinnerung geblieben, der zeigt, dass scheinbarer Spuk oft erklärbar ist. Eine ältere Frau aus München hatte uns kontaktiert. Sie hatte ein großes Problem, denn jeden Tag um die gleiche Zeit nachts hat sich ihr Fernseher ein- und ausgeschaltet. Das hat ihr Angst gemacht. Auch als wir vor Ort waren, konnten wir das Phänomen beobachten. Wir hatten einen Elektromagnetfeldmesser dabei, der stark angeschlagen hat. Als wir dem nachgegangen sind haben wir festgestellt, dass es kein Spuk war, sondern der Nachbar. Er ist jede Nacht zur gleichen Zeit von der Spätschicht nach Hause gekommen. Als er seinen elektrischen Garagentoröffner benutzt hat, gab es eine Fehlschaltung, wodurch sich der Fernseher der Frau an- und ausgeschaltet hat. Oft ist die Erklärung so einfach.
Welches technische Equipment nutzt ihr?
Kameras sind für jede Untersuchung unverzichtbar. Wir haben sie in allen Variationen: von Wärmebildkamera über Infrarotkamera, Nachtsichtkameras bis hin zu Geräten für Langzeitaufnahmen. Viele von ihnen speichern die Daten sofort auf einem Receiver, damit nichts verloren geht. Zusätzlich sind wir mit Diktiergeräten, Spiegelreflexkameras und Temperatur- und Elektromagnetfeldmesser ausgestattet – und natürlich jeder Menge Taschenlampen. Zusätzlich arbeiten wir mit einer Spiritbox.
Was verbirgt sich hinter einer Spiritbox?
Das ist ein Taschenradio, das innerhalb von Millisekunden verschiedene Radiofrequenzen durchsucht, wodurch ein „Weißes Rauschen“ entsteht. Will ein Wesen mit uns kommunizieren, hat es in diesem Rauschen die Möglichkeit, etwas zu sagen. Wir stellen im Hintergrund fragen, während die Frequenzen abgespielt werden. Einer von uns hat währenddessen Kopfhörer auf und hört, sobald Stimmen im Rauschen auftreten. Mit dieser Methode hatten wir schon oft Erfolg. Wir stellen vor allem ja-nein-Fragen. Erhalten wir Antworten, fragen wir nach dem Namen und dem Jahr, in dem die Seele gelebt hat. Bei einer Untersuchung auf Burg Finstergrün in Österreich haben wir kurz vor dem Ende der Untersuchung gefragt, ob die Energien wüssten, wer gerade bei ihnen ist. Kurz darauf haben wir den Namen Micha mit Hilfe der Spiritbox gehört. Micha ist der Name eines Ghosthunters, der zu dem Zeitpunkt bei uns war. Das war spektakulär.
Warum ist all die Technik notwendig?
Wesen brauchen Energie. Die ziehen sie aus der Technik, die wir ihnen zur Verfügung stellen. Oft können sie sich nur durch diese Hilfsmittel sichtbar oder auch hörbar machen. Für uns bedeutet das, dass wir diese Wesen manchmal erst bei unseren Auswertungen zu Hause entdecken. Ein Beispiel: Wir haben das Geister-Hotel „Waldlust“ im Schwarzwald untersucht. Vor Ort haben wir nichts wahrgenommen. Als wir uns die Aufnahmen der Vollspektrum-Kamera später angeschaut haben, war ganz klar erkennbar, dass am Ende eines Raums ein schwarzer Schatten durch das Bild huscht.
Wie stellt ihr sicher, dass euere Messungen nicht durch Stromleitungen oder ähnliches beeinflusst werden?
Vor jeder Untersuchung gehen wir durch die Räume und überprüfen mit dem Elektromagnetmesser, ob in den Wänden oder Decken nicht-isolierte Stromkabel sind. Gleichzeitig testen wir die Handy- und WLAN-Strahlung. Gibt es Strahlungen, berechnen wir diese am Ende unserer Untersuchung mit ein. Gibt es keine natürlichen Störfaktoren und bei der Untersuchung schlagen unsere Messgeräte außergewöhnlich an, können wir mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sich eine übernatürliche Energie bei uns befindet und sich klar bemerkbar machen will.
Ihr benutzt auch Trigger-Objekte. Was steckt dahinter?
Manchmal haben wir beispielsweise einen Stoff-Teddy dabei. Der Sinn von Trigger-Objekten ist es, Seelen durch bestimmte Reize zu animieren, mit uns zu kommunizieren. Den Teddy nehmen wir mit, wenn wir wissen, dass an einem bestimmten Ort Kinder gelebt und vielleicht unter merkwürdigen Umständen zu Tode gekommen sind. Auch mit dieser Methode haben wir immer wieder Erfolge.
Erkundigt ihr euch im Vorfeld über die Geschichte des Spukortes?
Wir eignen uns ein Grundwissen an. Zu sehr ins Detail gehen wir nicht, weil wir uns nicht beeinflussen lassen wollen. Wir wollen erst selbst erleben und das dann mit dem historischen Hintergrund abgleichen.
Wie geht es nach den Untersuchungen weiter?
Wir werten alle Daten aus – Kameraaufnahmen, Tonbänder, das kann bis zu drei Wochen dauern. Das Ergebnis schneiden wir zu einem Video zusammen und laden es bei Youtube hoch. Die Resonanz ist immer sehr groß.
Warum untersucht ihr Orte immer nachts?
Das hat einen einfachen Grund: Nachts ist der menschliche Spürsinn geschärfter als tagsüber. Man ist wachsamer und gleichzeitig sensibler für Ereignisse oder auch Energien.
Angenommen es gibt Paranormales – Welche Gefahren gibt es und wie schützt ihr euch?
Da hat jeder seine eigenen Rituale. Ich trage eine Halskette mit dem Symbol des heiligen Michaels. Auf der Rückseite ist ein Gebet eingraviert. Andere nehmen Energiesteine mit, die sie schützen. Das ist wichtig, denn ich bin überzeugt, dass sich negative Energien an einen heften können. Sie könnten das ganze Leben beeinflussen.
Wie viele Fälle von angeblichem Spuk sind erklärbar?
95 Prozent sind wissenschaftlich erklärbar. Oft spielen bei angeblichen Erscheinungen „irdische Energien“ eine Rolle – von Magnetfeldern bis fehlerhafter Technik. Fünf Prozent können wir nicht rational erklären.
Was rätst du Betroffenen, die denken, dass es bei ihnen spukt?
Betroffene gehen unterschiedlich mit derartigen Erlebnissen um. Das kann die Erscheinung eines toten Angehörigen ebenso sein wie Bücher, die von alleine aus einem Bücherregal fallen. Die einen finden es super, die anderen haben schreckliche Angst. Ich rate ihnen sich an Fachstellen oder Gruppen wie uns zu wenden. Allerdings rate ich dringend davon ab, selbst Kontakt mit den Wesen aufzunehmen – durch Gläserrücken oder mit Hilfe eines Quijabretts. Damit muss man sehr vorsichtig sein, denn diese Methoden können Pforten öffnen, die nicht so leicht wieder zu schließen sind.
Was war dein bisher beeindruckendstes Erlebnis?
2021 waren wir mit einem Partnerteam aus Baden-Württemberg und zwei Soloermittlern in Irland, um drei besondere Spukorte zu untersuchen: Das Wicklow Jail, das Redwood Castle und das Atheneaum Theater. Während wir in der Burg und im stillgelegten Gefängnis so gut wie keine Ergebnisse hatten, erlebten wir in dem Theater, das heute als Sehenswürdigkeit dient, etwas Spektakuläres. Wir haben wieder mit der Spiritbox gearbeitet. Dabei haben wir ganz deutlich eine männliche Stimme gehört, die uns gesagt hat, dass sich an Micha aus dem Partnerteam ein Teil einer irischen Seele geheftet hätte. Die Stimme war der Vater dieser Seele, der nicht ins Licht gehen konnte, weil ihm sein Sohn nicht verziehen hat. Micha hat das deutlich gespürt. Er hat keine Luft mehr bekommen und konnte sich nicht mehr richtig bewegen. Irgendwann hat er geschafft zu sagen: Ich vergebe dir. Plötzlich sind sämtliche Türen zugeschlagen und Micha ging es besser. Wir deuten das so: Der Vater konnte endlich ins Licht, weil ihm vergeben wurde.
Was ist deine Spuk-Traumlocation, Die du unbedingt einmal untersuchen willst?
Da gibt es viele. (lacht) Ich würde gerne das Wayerls Hills Sanatorium in Jefferson County in Kentucky, USA, untersuchen. Zwischen 1910 und 1962 war es eine Heilanstalt und gleichzeitig psychiatrische Einrichtung zur Behandlung von Tuberkulosepatienten. Heute gilt er als einer der meist heimgesuchten Orte der Welt.