Eineinhalb Kilometer schwimmen, 30 bis 40 Kilometer mountainbiken und acht bis zwölf Kilometer crosslaufen. Für Viele klingt das nach einer Tortur. Für die 28-jährige Katharina Nübler hingegen ist das eine Leichtigkeit.
Regelmäßig bestreitet sie mehrstündige Cross-Triathlons. Zuletzt war sie Teil der Xterra Weltmeisterschaft in Italien. Im Interview erzählt die Ambergerin vom harten Training, schweren Bedingungen und besonderen Momenten.
Du machst Cross-Triathlon. Wie bist du dazu gekommen?
Das ist richtig lange her. 2012 hat mich eine Freundin zu einer Triathlon-Jugendtrainingsgruppe mitgenommen. Dort habe ich mich ausprobiert und bin da reingewachsen, habe ein bisschen Straßentriathlon gemacht und auch an der Europameisterschaft in der Mitteldistanz teilgenommen. Das war oke, aber ich war noch nicht richtig angekommen. Parallel bin ich in ein Mountainbike-Team eingestiegen und bin bei Rennen mitgefahren. Das hat mir total gefallen, aber der Rest hat mir gefehlt. Irgendwie bin ich dann auf Xterra gestoßen – das ist ein Cross-Triathlon-Ausdauerwettkampf und dabei etwa die Hälfte vom Ironman – und habe beim deutschen Wettbewerb mitgemacht und mich so direkt für die Weltmeisterschaft qualifiziert. Das war cool und ich dachte mir, das könnte passen. Auch bei meiner zweiten Saison war ich auf der Weltmeisterschaft in Italien. Zwischendrin habe ich noch an weiteren Xterra Wettkämpfen teilgenommen und dieses Jahr war ich sogar bei meiner dritten Weltmeisterschaft in Folge.
Was ist der Unterschied zwischen Triathlon und Cross-Triathlon?
Beim Cross-Triathlon ist das Schwimmen auf zwei Teile gesplittet – man startet mit dem Schwimmen im Freiwasser, hat dazwischen einen kurzen Landgang und schwimmt dann nochmal. Anschließend fährt man Rad. Statt dem Rennradfahren auf der Straße hat man aber eine technisch anspruchsvollere Strecke, also einen Trail mit vielen Höhenmetern. Und man fährt mit einem Cross Country Mountainbike. Am Ende läuft man einen Trailrun mit vielen Höhenmetern und technischen Herausforderungen.
Du arbeitest Vollzeit bei der Landespolizei. Wie sieht dein Trainingsplan neben deiner Arbeit aus?
Ich habe bestimmte Trainingsblöcke. Im Winter mache ich viel Grundlagentraining und baue die Basis auf. Im Frühjahr geht es in Richtung Intervalle. Dabei habe ich Blöcke im Drei-Wochen-Takt mit einem gewissen Schwerpunkt, beispielsweise liegt dort der Fokus auf der Ausdauer am Rad. Dann habe ich eine Entlastungswoche und mache im nächsten Block mit Laufen weiter. Wenn es in Richtung Wettkampf geht, absolviere ich vier Wochen vorher einen Testlauf. Dabei gehe ich an die Tempohärte heran, aber nie an das volle Tempo. Ich trainiere auch nicht die ganze Distanz, nur vielleicht 30 Kilometer. Denn man erreicht im Rennen circa den Umfang, den man in einer Woche Training schafft. Man macht vorher auch immer eine Saisonplanung und überlegt sich, bei welchen Wettkämpfen man teilnehmen möchte und so baut sich dann das Training auf. Dabei komme ich auf wöchentlich circa 15 Stunden. Ansonsten mache ich, wenn ich es zeitlich neben meiner Arbeit schaffe, etwa zwei Stunden in der Woche Stabilisationstraining für die Tiefenmuskulatur. Wenn man lange läuft oder auf dem Rad sitzt, ermüdet sonst die Muskulatur und man fällt zusammen.
Welche Disziplin ist für dich die härteste?
Beim Schwimmen gibt es einen Massenstart und das Wasser ist oft kalt. Es herrscht Gedränge, manche ziehen an deinen Beinen, drücken dich weg. Gleichzeitig hast du den Kopf unter Wasser und siehst nicht alles. Man ist nass, es ist eiskalt und alle Rückenmuskeln ziehen sich zusammen. Dann weiterzumachen ist anstrengend. Aber ich zieh dann einfach durch. Ich würde sogar sagen, bei mir geht das Rennen erst los, wenn ich aus dem Wasser komme.
Welche ist deine Lieblingsdisziplin?
Viele sagen, dass das Laufen das Härteste ist, weil man schon vom Radfahren fertig ist. Aber ich mag das Laufen hinten raus am liebsten. Ich glaube auch, das liegt mir und ich kann nochmal richtig Druck machen. Auf der Weltmeisterschaft zuletzt habe ich bei dieser Disziplin 20 Leute überholt. Es geht auch oft mega steil bergauf oder runter. Das Wechselnde ist anstrengend und man braucht viel Stehvermögen. Wenn man da keine Reserven mehr hat, wird es hart.
Wie ist der Ablauf vor einem Triathlon?
Ich reise meistens zwei bis drei Tage vorher an und schaue mir vorab die Strecke an. Gucke, welche Abschnitte technisch anspruchsvoll sind und wo ich aufpassen muss. Nach zwei Tagen Ruhepause, mach ich am Tag vor dem Rennen eine kleine Vorbelastung, um mich auf den Wettkampf einzustellen. Cross-Triathlons starten meistens eher gegen Mittag. Ich frühstücke davor immer das selbe, weil ich weiß, dass ich das essen kann und gut vertrage. Vorher mache ich noch ein Warm-up und aktiviere meinen Körper. Man bekommt ein Paket mit einer Bademütze, einem Zeitmesschip und der Startnummer. Und dann geht es mit dem Schwimmen los: Erst starten die Profimänner, dann die Profifrauen, anschließend die Männer bis 40 Jahre, dann wieder die Frauen und so weiter. Es sind etwa vier oder fünf Startblöcke mit jeweils circa 200 Leuten. Durch die farbigen Badekappen weiß man, in welchem Block man startet.
Du bist schon bei einigen Wettkämpfen gestartet. Auf welche Erfolge bist du stolz?
Ich finde es schon cool, dass ich zum dritten Mal bei der Weltmeisterschaft gestartet bin. Dafür muss man sich bei anderen Rennen qualifizieren … und dass ich es zwei Mal unter die Top 15 und Top zehn geschafft habe. Aber ich hatte es noch nie, dass ich gesagt habe, das war jetzt super. Ich habe für mich eigene Ziele, die ich stecke, und wenn ich das nicht erreiche, gehe ich nie happy aus dem Wettkampf raus. Das versteht man vielleicht nicht, wenn man die Situation noch nie hatte. (lacht)
Wie bereitest du dich mental auf Wettkämpfe vor?
Der mentale Aspekt ist einer der wichtigsten. Wenn du vom Kopf her nicht bereit bist, dann überträgt sich das auch auf deine Leistung. Deshalb arbeite ich auch bewusst mental. Ich merke also beispielsweise, dass das Wasser kalt ist, aber ich rufe mir in den Kopf, dass es danach gut wird. Jeder braucht für sich andere Motivatoren. Stress belastet nochmal zusätzlich, weil es deine mentale Stärke beeinflusst. Ich mache viel Yoga und nehme mir auch Zeit für mich, damit ich runter komme. Ich könnte beispielsweise auch nicht alle meine Trainingseinheiten in der Gruppe machen. Manche pusht es – ich trainiere lieber alleine und finde das effizienter.
Was motiviert dich, auch nach schwierigen oder weniger erfolgreichen Wettkämpfen weiterzumachen?
Das ist ein Faktor, der einen richtig runter ziehen kann. Aber ich sporne mich dann selbst an und setze mir ein erreichbares Ziel für das nächste Rennen. Das ist ein Strohhalm, an den ich mich klammere. Die Platzierung ist schon immer in meinem Hinterkopf, aber ich vergleiche die Zeiten nicht miteinander – auch nicht meine mit denen vom letzten Jahr. Die Bedingungen und Trails sind immer anders und es gibt auch für alles einen Grund, warum es besser oder schlechter lief.
Bist du bei deinem Ernährungsplan genauso strikt wie beim Training?
Ja, schon. Man bekommt immer die Quittung dafür. Wenn man nicht gut isst, wird es im Training auch hart. Ich tracke keine Kalorien, aber die Nährstoffe und ich gucke, was ich für Sachen esse – ob gute oder schlechte Fette, Kohlenhydrate, Nüsse und so weiter. Irgendwann hat man das im Gefühl. Ich esse beispielsweise aber keine Pommes und auch nur ganz selten tierische Fette, weil das träge macht. Manchmal esse ich Gummibärchen vor dem Training – einfach als Booster. Aber nicht, wenn es keinen Sinn ergibt – nur wenn ich unbedingt mal Lust drauf habe. Ich trinke auch sehr selten Alkohol. Ich merke immer richtig, wie dann mein Training kaputt geht.
Du widmest dein ganzes Leben dem Triathlon. Hast du Einschränkungen im Privatleben?
Wenn man das macht, was einem Spaß macht, sieht man das nicht als Einschränkung. Aber ja, es setzt sich schon von den Freizeitaktivitäten von Freundinnen ab. Manchmal ist es schon schwer, was mit Freunden zu unternehmen – das funktioniert oft nicht. Ich mache auch während der Saison von Mai bis September keinen Urlaub. Mein Urlaub ist dann eher, wenn ich zu den Rennen fahre. Und ich gehe beispielsweise auch nicht auf die Kirwa, weil dort so viele Menschen sind. Auch wenn in einem Raum viele husten, geh ich da nicht rein, damit ich mich nicht anstecke. Man hat das mehr auf dem Schirm, als andere. Aber wenn man so wie ich, in der Saison viele Abstriche macht, dann muss einem der Sport auch einfach Spaß machen.
Gibt es einen speziellen Moment, an den du dich besonders erinnerst?
Es gibt eine Situation, die ist zwei Jahre her. Bei meiner ersten Weltmeisterschaft war das Wasser auch so kalt, wie bei der diesjährigen. Ich bin dort mit meiner Freundin im gleichen Block gestartet. Ganz knapp vor dem Start haben wir mal unsere Zehen ins Wasser gehalten. Wir haben dann ruckartig die Köpfe zueinander gedreht und uns ist alles aus dem Gesicht gefallen, weil es so kalt war. Dann kam auch schon der Startschuss und wir mussten losschwimmen. (lacht)