In ganz Deutschland finden im Oktober und November die Aktionswochen gegen Antisemitismus statt – zum ersten Mal auch in Amberg und zum dritten Mal in Sulzbach-Rosenberg. Musik, Vorträge, Workshops. Und was hat Punk damit zu tun?
In Amberg und Sulzbach-Rosenberg finden im Oktober und November die Aktionswochen gegen Antisemitismus statt. Antisemi-was?
Zuerst die Basics: Was bedeutet Antisemitismus überhaupt? Laut Duden beschreibt der Begriff eine „Abneigung oder Feindschaft gegenüber dem Judentum”. Die International Holocaust Remembrance Alliance fasst den Begriff Antisemitismus etwas weiter: Es sei „eine bestimmte Wahrnehmung von Juden”. Man habe eine Sicht auf Juden und Jüdinnen generell, anstatt die Person in ihrer Unterschiedlichkeit und Individualität wahrzunehmen.
Stefan Dietl aus Sulzbach-Rosenberg ist freier Journalist, Autor und Mitorganisator der Aktionswochen. „Wir haben schon vor drei Jahren den wieder wachsenden Antisemitismus festgestellt. Seit dem 7. Oktober 2023 hat das nochmal besondere Relevanz bekommen.” An diesem Tag überfielen Hamas-Anhänger (eine terroristische Vereinigung) jüdische Wohngebiete und Veranstaltungen in Israel. 1200 Menschen starben. Im Nahen Osten (die arabischen Staaten Vorderasiens und Israel) entbrannte in der Folge ein Krieg. Jüdische Menschen erleben seitdem mehr Anfeindungen.
Genau dort liege ein Fokus der diesjährigen Aktionswochen: Antisemitismus, Israel und die aktuelle Situation im Nahen Osten. „Wenn man sich die Demonstrationen der letzten Wochen und Monate anschaut, merkt man, dass heute Antisemitismus auch aus progressiven Bewegungen heraus entsteht, die sich im Alltag anti-rassistisch positionieren. Bei Antisemitismus denkt man zunächst nur an die extreme Rechte.” Vorträge gibt es dazu am 22. Oktober und 29. Oktober in Amberg.
Neben den Vorträgen wird es auch wild und laut. In der Punkmusik gibt es zahlreiche jüdische Protagonist*innen – Ramones, Blondie, Lou Reed, Iggy Pop. Anfang der 90er Jahre entstand eine neue Welle jüdischer Punkbands. In Sulzbach-Rosenberg gibt es passend dazu nach dem Workshop ein Punk-Konzert am 24. Oktober in der Hängematte. Dabei sind die Bands Kaput Krauts, Beatnikz und Valy and the Vodkas. „Man kann auch mit Musik eine klare Position beziehen”, sagt Dietl.
„Antisemitisches Denken ist auch nach 1945 verankert in unserer Gesellschaft”, sagt Dietl. „Je schwieriger es wird, die Welt zu begreifen, wie in Zeiten von multiplen Krisen – Klima, Corona, Kriege – desto eher greift man auf antisemitische Erklärungsmuster zurück.” Verschwörungstheorien zum Beispiel basieren auf Antisemitismus. Darauf zurückzugreifen sei einfach, wenn die Welt immer komplexer wird.
Und warum geht das uns alle an? Antisemitismus wird laut Dietl oft reproduziert, ohne absichtlich judenfeindlich zu sein. Auch dann sei es wichtig, sich damit auseinander zusetzen.
„Am Ende sind die Aktionswochen gelungen, wenn wir viele Menschen erreichen”, sagt Dietl. Wenn die Menschen im Anschluss „mehr Wissen, aber auch mehr Fragen” zu dem Thema haben. Und diesen danach noch nachgehen.