Nach dem Abitur wollte die Lisa-Marie Bald eigentlich Medizin studieren. Zwar hatte sie ein sehr gutes Reifezeugnis, doch einen Studienplatz direkt im Anschluss bekam sie nicht. Jetzt arbeitet sie in Tirschenreuth als Krankenschwester.
Um die Überbrückungszeit möglichst sinnvoll zu verbringen und mit ihrem Wunschberufsfeld schon mal in Berührung zu kommen, absolvierte sie zunächst ein Jahr Bundesfreiwilligendienst in der Pflege, am Krankenhaus in Tirschenreuth.
Schnell merkte die junge Frau: „Die Pflege macht mir richtig Spaß!“ Sie bewarb sich bei den Kliniken Nordoberpfalz (KNO) um einen Ausbildungsplatz – und erhielt den Zuschlag für den Ausbildungsstart im Herbst 2020. „Wir waren ein besonderer Jahrgang, denn in diesem Jahr wurde die sogenannte generalistische Pflegeausbildung eingeführt, bei der die davor gesondert ausgebildeten Inhalte der allgemeinen Krankenpflege, der Kinder- und Altenpflege zusammengefasst wurden.“
Die generalistische Pflegeausbildung soll Arbeitnehmern und Arbeitgebern mehr Flexibilität geben als dies früher mit der getrennt nach Fachrichtungen geordneten Ausbildung der Fall war. Lisa-Marie findet das gut: „Dadurch dass die Kliniken Nordoberpfalz so breit aufgestellt sind und viele Standorte haben, konnte ich die unterschiedlichsten Fachrichtungen kennenlernen. Von der Inneren bis zur Chirurgie, von der Intensivstation bis zur Kinderklinik in Weiden und der Rehaklinik in Erbendorf war praktisch alles dabei.“ Auch bei anderen Trägern konnte sie wertvolle Einblicke gewinnen: „Ich war auch in einem Altenheim tätig und arbeitete sogar in der ambulanten Pflege“, blickt die Krankenschwester zurück. „Das war alles topinteressant!“
So ein gutes Abi und nicht studieren? Mit solchen Fragen sei sie immer wieder konfrontiert gewesen, als sie sich für eine Pflegeausbildung entschloss. Ihre Antwort: „Ich muss machen, was mir Spaß macht.“ Und das ist bis heute: die Pflege. Im Übrigen stellt sie fest: „Die theoretische Ausbildung ist sehr anspruchsvoll, auch für Leute mit Abitur. Man lernt und versteht nach und nach viel Medizinisches, lernt den Körper kennen. Das fordert, egal ob man Abitur hat.“
Lisa-Marie erachtet die umfassende Theorie als sehr wichtig: „Dieses Wissen braucht man. Am Ende haben wir viel Verantwortung und die können wir nur übernehmen, wenn wir diese Kenntnisse haben“, sagt sie und betont: „Die theoretische Ausbildung an der Berufsfachschule in Neustadt/Waldnaab war wirklich hervorragend!“
Heute arbeitet die 24-Jährige am Krankenhaus in Tirschenreuth, das zu den Kliniken Nordoberpfalz gehört. Dort auf einer Station für Akutgeriatrie und Innere Medizin – und ist nach wie vor mehr als zufrieden mit ihrer Berufswahl. Sie gesteht aber auch, dass ihr Beruf fordernd ist: „Auf unserer Station gibt es immer wieder Menschen, die hier sterben. Der Tod gehört dazu. Das ist auch für uns schwierig. Wir lernen aber schon in der Ausbildung, mit solchen Situationen umzugehen. Man muss mitfühlen, aber nicht mitleiden. Wir wollen den Angehörigen eine Stütze sein, dürfen uns aber nicht mitziehen lassen.“
Andererseits gebe es dann eben auch die vielen Glücksmomente: „Für alte Menschen kann ein Beinbruch sehr ernst sein. Wir schaffen es aber meistens, dass die Menschen wieder selbstständig leben können. Das gibt uns allen viel zurück.“
Prinzipiell sei es wichtig, vorurteilsfrei an die Patienten heranzugehen. „In ,der ist mir sympathisch, der nicht’ einzuteilen, ist falsch. Man muss Vorurteile abstreifen, nur dann wird man dem Einzelnen gerecht.“
Und das Verhältnis zu den Kollegen? „Bei uns ist das freundschaftlich. Klar kann es immer wieder mal zu Spannungen kommen. Die sind aber in der Regel schnell ausgeräumt, weil wir alle das gleiche Ziel haben: das Wohl des Patienten.“ Sie freue sich über den wertschätzenden Umgang untereinander und führt ein Beispiel für eine Situation an, die ihr in Erinnerung geblieben ist: „Ich hatte Nachtschicht und die Kollegin, die mit mir zusammen Dienst hatte, lächelte mich freundlich an und schenkte mir als Nachtdienst-Motivation ein Überraschungs-Ei, mit dem Aufdruck: Schön, dass es dich gibt!“
Wer in der Pflege arbeitet, arbeitet in aller Regel in Schichtdienst. Die Modelle dazu können je nach Träger ganz unterschiedlich gestaltet sein. Im Grunde bedeutet der Schichtdienst zumeist einen Wechsel von Früh- und Spätschichten, Nacht- und Wochenenddiensten und Feiertagsarbeit.
„Mir gefällt das ganz gut“, sagt die 24-Jährige, „weil das für mich viele Vorteile hat. Ich habe zum Beispiel auch mal vier Tage am Stück frei und kann die Zeit nutzen, um wegzufahren. Oder ich kann vormittags ausgiebig frühstücken, private Termine vereinbaren, shoppen gehen. Klar, man muss da auch mal zurückstecken. Andererseits schätze ich es einfach sehr, dass ich in der Gestaltung der Arbeitszeit relativ frei bin. Ich kann zum Beispiel für die Dienstplangestaltung Wunschtage angeben, an denen ich gerne frei hätte.“ Außerdem gebe es auf ihrer Station sinnvolle übergreifende Regelungen: „Wer zum Beispiel an Weihnachten arbeiten muss, hat dafür Silvester und Neujahr frei.“
Auch bei ihrem Freund und ihren Bekannten treffe ihr Schichtdienst auf vollstes Verständnis. „Mein Freundeskreis ist daher der gleiche wie früher. Wir planen einfach längerfristig.“
Sie beobachtet bei älteren Kollegen aber auch, dass mit zunehmenden Lebensalter der Schichtdienst schwerer falle. „Auch wenn man eine Familie mit kleinen Kindern hat, kann Schichtdienst schwierig werden.“ Doch häufig könnten Stationsleitung und Träger solche Situationen berücksichtigen, „zum Beispiel, wenn jüngere Kolleginnen mehr Nachtdienst übernehmen.“ Der sei darüber hinaus mit finanziellen Anreizen verbunden. Außerdem gebe es für Pflegekräfte durchaus auch Einsatzbereiche ohne Nacht- und Schichtdienst.
Lisa-Marie Bald weiß, dass sie als Pflegefachkraft eine gefragte Arbeitnehmerin ist: „Die beruflichen Perspektiven sind gut, auch langfristig, weil der Pflegebedarf eher steigen wird. Auch die Bezahlung ist deutlich besser als viele meinen.“ Und vor allem: „Man kann sich weiterentwickeln, zum Beispiel zum Praxisanleiter, zur Hygienefachkraft oder zum Intensiv- oder Anästhesiepfleger. Es gibt unheimlich viele Möglichkeiten.“
Wer später einmal selbst eine Station leiten oder sogar in die Führungsetage seiner Einrichtung aufsteigen will, muss heute in der Regel Pflegemanagement studieren. Wer den Drang zum Studium in sich spürt, kann auch andere Studiengänge wählen. Lisa-Marie beispielsweise studiert nebenberuflich Medizinpädagogik. Mit einem Abschluss darin kann sie später einmal selbst angehende Pflegefachkräfte unterrichten. Früher nannte man dies „Schulschwester“, doch Inhalte und Begrifflichkeiten haben sich verändert. „Meine Stationsleitung hat mir ermöglicht, dass ich dafür meine Arbeitsstunden reduzieren konnte, um Zeit fürs Lernen zu haben. Dafür bin ich ihr sehr dankbar!“
Momentan ist sie noch im Bachelorstudium. „Die große Frage für mich wird sein, ob ich noch einen Master mache. Die Begeisterung für den Beruf der Pflege teile ich weiterhin nicht nur gerne mit den Patienten, sondern auch mit anderen jungen Menschen, die sich für eine Ausbildung in der Pflege entschieden haben.“
Wissenswertes zur Pflegeausbildung gibt es zum Beispiel auf der Webseite des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention:
https://www.stmgp.bayern.de/pflege/generalistische-pflegeausbildung