Wenn Heinz Bruno Dettmann über Musik spricht, klingt es nicht nach einer Karriereentscheidung, sondern nach einem Lebensgefühl. Es geht um Echtheit, und um den Mut, die eigene Stimme nicht zu verstecken.
Heinz Bruno ist 24 Jahre alt, stammt ursprünglich aus Neunburg vorm Wald, lebt inzwischen in Berlin, und hat ein Ziel: Musik, die Menschen bewegt. Schon als Kind spielt er Klavier, singt im Chor, später in der Schul-Bigband und nimmt Gesangsunterricht. Seine Eltern unterstützen ihn, wo sie können – und das prägt ihn bis heute. „Dass sie gesagt haben: mach Musik, das war ein Glück. Ohne diesen Rückhalt hätte ich mich vielleicht nie getraut.“
2019 lernt er den damals noch unbekannten Rapper Tream über Social Media kennen – beide wohnen nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Aus ersten Sprachmemos wird ein gemeinsamer Studiotermin. Heinz Bruno erinnert sich: „Es war so, wie man es sich romantisiert vorstellt. Ich stand im Studio, hab gesungen, einen MP3-File mit nach Hause bekommen und später das erste Mal einen Song von mir gehört.“
Doch die Entscheidung, wirklich Musiker zu werden, ist alles andere als einfach. „Alle um mich herum wussten, was sie studieren wollen. Und ich hatte nur diesen einen Drang: Musik. Das war beängstigend.“ Trotzdem wagt er es. Kein Studium, kein Plan B – nur die Musik. Nach dem Abi zieht er nach Regensburg. Für ihn damals eine „riesige Stadt“, eine neue Welt. Hier wird er Teil einer kleinen, aber leidenschaftlichen Szene. Zum ersten Mal ist er ein Künstler unter Künstlern. Er nennt es seine „erste Artist-Bubble“.
Künstler-Kollegen aus Regensburg entsteht 2021 das Projekt Apollson. Dark Pop, angelehnt an Billie Eilish – international klingend, edgy, mystisch. Damals für Deutschland eine noch komplett neue Musikrichtung. Und tatsächlich: Die Songs finden Gehör. „Tanz für mich“ bringt die ersten Streams, die ersten Gagen, den ersten Rausch. „Sterne fallen“ als erfolgreichster Song kommt mittlerweile auf über zwei Millionen Klicks auf Spotify. „Apollson war ein Gemeinschaftsprojekt. Wir hatten unsere ersten kleinen Erfolge. Ich erinnere mich noch daran, als wir 200 Streams an einem Tag hatten. Später sogar 600. Das war für mich unfassbar. Vorher waren es vielleicht 20. Ich dachte: ‚Jetzt werde ich berühmt.‘ Aber man merkt schnell, dass es doch ein bisschen mehr braucht – vor allem Geduld“, erzählt Heinz Bruno.
Doch je länger er als Apollson Musik macht, desto mehr spürt er: Diese Rolle ist eine Maske, die sich zu sehr an seine früheren Depressionen klammert. „Die Leute erwarteten von mir, der gebrochene Künstler zu sein. Ich hatte das Gefühl auch abseits der Bühne düster wirken zu müssen – mystisch, kaputt. Aber innerlich wollte ich eigentlich Musik machen, die Freude schenkt.
2024 zieht er nach Berlin. „Ins Herz der Deutschen Bands. Dort sitzen die Labels und alle jungen anstrebenden Artist. Wer an den Puls der Musik will, muss ans Herz. Das war eine taffe Entscheidung“, sagt der Musiker rückblickend. Ein Abschied von Freunden, vom eingespielten Team – und auch von Apollson. „Aber es war der Reset-Knopf, den ich brauchte. Und ich habe entschieden, näher auf mich zuzugehen.
Hier beschließt er, seinen echten Namen als Künstlernamen zu tragen: heinzbruno. Ein Name, den er selbst als Kind nicht mochte, weil er dafür ausgelacht wurde. „Irgendwann habe ich verstanden: Genau das ist meine Brand. Heinz Bruno ist kein Alltagsname und Aufmerksamkeit bekomme ich dafür eh schon. Ich habe mich lange davor versteckt, aber jetzt ist es Zeit, dass ich meinen Namen selbstbewusst trage und die Geister meiner Vergangenheit begrabe.“ Heute macht er seinen Namen zu seiner Marke. „Es gibt keinen Menschen, der so viel mit dir lacht und weint wie du selbst. Also musst du lernen, mit dir klarzukommen. Heinzbruno ist mein echter Name, und es ist das Ehrlichste, was ich sein kann.“
Der Schritt bedeutet: ein Neustart auf Spotify, null Follower auf den sozialen Medien, keine fertige Fanbase. Mehrere Tausend monatliche Hörer und reichlich Klicks sowie View-Zahlen sind nahezu verloren. Aber er glaubt so stark an diesen Weg wie nie zuvor.
Seine Songs klingen heute anders. Sie sind heller, offener, tanzbarer. „Lila“, seine aktuelle Single, entstand beispielsweise spontan und nicht wie Heinz Bruno früher dachte, spektakulär und auf Pergament geschrieben: „Niklas, mein Mitbewohner und bester Freund in Berlin, und ich kamen verschwitzt vom Fußball nach Hause. Wir hatten beim nachhause gehen schon ein Thema, das sich nach langen Gesprächen herauskristallisiert hatte. Er schnappte sich wie immer die Gitarre, da er selbst Songwriter ist. Dann redeten wir melodisch miteinander über das Thema, kamen in eine Art Tunnel und plötzlich war da eine Melodie. Es war mitten am Tag, völlig unspektakulär. Aber genau daraus wurde ein Song. Musik ist überall, wenn man hinschaut.“
Ein Thema, das heinzbruno nicht loslässt, ist seine Vergangenheit mit Depression. „Depression war irgendwann meine Komfortzone. Meine Ausrede. Ich konnte nicht zur Schule gehen, ich konnte keine Leute treffen – weil ich ja ‚depressiv‘ war. Aber irgendwann wurde mir klar: Ich benutze das als Flucht.“ Mit Apollson hat er diese Dunkelheit auf der Bühne kultiviert. Heute will er das nicht mehr. „Ich will nicht mehr der gebrochene Künstler sein. Ich will den Menschen zeigen: Es gibt einen Weg raus. Klar habe ich immer noch schwere Tage. Aber ich hänge dem nicht mehr das Gewicht an, das es früher hatte.“
Seine Vision: Pop neu denken. Keine glatte, austauschbare Chartmusik, sondern Songs, die sich zeitlos, gleichzeitig frisch anfühlen und Spaß machen. „Ich will Musik machen, die cool ist und trotzdem jeder versteht. Songs, zu denen du auf einer Wiese mit Freunden chillen kannst. Ich möchte Lebensgefühl mitgeben. Die Leute sollen sich mit meiner Musik frei fühlen.“
Oft entsteht ein Track aus einer simplen Handyaufnahme, einer Melodie im Kopf, einem Satz, der hängenbleibt. „In Berlin bin ich ständig unterwegs. Wenn mir eine Melodie einfällt, nehme ich sie sofort auf. Dann gehe ich ins Studio und lege Akkorde drunter. Am Ende ist da dieses Gefühl: nur du und der Song.“
Seine Vorbilder sind vielfältig. Michael Jackson, klar, aber auch Elvis, Ed Sheeran oder Nina Chuba. „Nina hat eine krasse Energie, die hab ich selten gesehen. Sie prägt ein Genre und bleibt trotzdem eigen. Das beeindruckt mich. Und ohne ein riesen Fan zu sein – Ed Sheeran: Er versucht nicht, seine Musik in einem Genre zu lassen. Bei ihm ist das Bindeglied seine Stimme. Das ist die Freiheit, die ich auch will.“ Heinz Bruno denkt groß – ohne Arroganz, sondern mit Überzeugung. „Ich will meinem Papa irgendwann eine goldene Platte nach Hause hängen. Das ist ein riesiger Traum, aber warum nicht?“
Er träumt von einer Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz – und das am besten noch in seinen Zwanzigern. Von einer eigenen Familie. Von Songs, die Menschen begleiten wie einst „Thriller“ von Michael Jackson. Und von Kollaborationen, die überraschen. Am liebsten mit einer Künstlerin. „Es macht was mit mir, wenn eine weibliche auf eine männliche Stimme trifft. Ich kann mir aber noch nicht ausmalen, mit wem ich das machen möchte.“
Doch bevor es so weit ist, baut er sein Fundament, will sein Soundbild festigen und seinen Solo-Katalog aufbauen. Sessions in Berlin, neue Musik, ein wachsendes Netzwerk. „Ich bin bereit, die nächsten Jahre alles zu geben. Ich will beweisen, dass ehrliche Popmusik wieder groß werden kann.“
Vielleicht ist das, was heinzbruno ausmacht, genau diese Mischung: die Fähigkeit, tief zu fühlen, aber gleichzeitig Leichtigkeit zu verkörpern. Nicht in Melancholie stecken zu bleiben, sondern immer wieder nach vorn zu schauen. Seine Musik ist ein Spiegel dieser Haltung. Mal ernst, mal verspielt. Aber immer echt. „Ich singe nichts, was ich nicht meine“, sagt er. Und man glaubt es ihm.
Heinz Bruno steht am Anfang. Aber was ihn ausmacht, ist sein unerschütterlicher Glaube daran, dass genau dieser Anfang der wichtigste Teil ist. „Das Glück ist dir nah, wenn der Teufel dich jagt“, sagt er. „In Berlin fühlt es sich manchmal an, als würde alles schiefgehen. Aber genau dann öffnen sich Türen.“ Heinzbruno beginnt eine neue Ära – nicht nur für sich selbst, sondern vielleicht auch für eine Generation junger Künstler, die keine Lust mehr haben, Masken zu tragen. Seine Botschaft ist einfach: Sei du selbst. Trau dich.