Bunte Buchstaben an Hauswänden. Graffitis können, sofern sie legal und gut gesprüht sind, echte Hingucker sein. Für Tizian aus Kümmersbruck ist diese Art der Kunst ein Hobby, das er gerne zum Beruf machen würde.
Der Stift in Tizians Hand tanzt locker über das Blatt vor ihm. Leicht zaubert er Linien auf das Papier, die langsam einen Schriftzug ergeben. Manchmal bessert er Fehler mit einem Radiergummi aus. Die Skizze, auch Sketch genannt, soll gut werden. Sie dient als Vorlage für das Graffiti, das Tizian Kick später in Kümmersbruck an die Wand bringen wird. Der 20-Jährige interessiert sich bereits seit er zwölf ist für das Sprayen: „Ich bin früher viel BMX und Scooter gefahren. Am alten Skatepark in Amberg war alles zu gesprüht. Ein Kumpel von mir, der schon älter war, hat auch ein bisschen gesprayt.” Was andere Menschen häufig für Vandalismus halten, gefällt Tizian: „Das fand ich cool, dann hab ich angefangen, selbst Entwürfe zu malen.”
Irgendwann reichen ihm die Entwürfe allein nicht mehr aus. Er kauft seine ersten Dosen im Baumarkt und fängt an, die Wände in der heimischen Umgebung zu verzieren. Anfangs hat er noch Glück, doch irgendwann schnappt ihn die Polizei. „Ich wurde zweimal schon gebusted, also erwischt”, sagt er – grinst und ergänzt: „Einmal haben sie mich auf frischer Tat ertappt. Das war dumm, da bin ich nicht weggerannt, obwohl das schon ein älterer Polizist war, kurz vor seiner Pension. Dann hat er seine Kollegen herbestellt. Das war Scheiße.” Beim zweiten Mal hingegen wurde Tizian von dem Bruder eines Kumpels verpfiffen, mit dem er selbst am Sprühen war. Die Folgen sind unter anderem Sozialstunden, auch das Graffiti muss er selbstständig beseitigen.
Während er über Graffiti spricht, verleiht Tizian seinem Sketch bereits etwas Farbe, schwarz und gelb stehen im Fokus. Die Frage, ob es in Amberg denn legale Orte gebe, um zu Sprayen, verneint er. Er selbst habe eine Mauer hinter seinem Elternhaus, an dem er seiner Kreativität freien Lauf lassen könne. Ansonsten ist es aber schwer in Amberg. Einzig Jugendzentren bieten ihre Wände an, das müsse dann aber in Rücksprache mit den Einrichtungen passieren.
Tizian zieht mittlerweile nicht mehr los, um seine bunten Kunstwerke an Oberflächen zu hinterlassen. Er nimmt Auftragsarbeiten an und sprayt Graffitis für Kunden. Der Entwurf für das Amberger Football Team „Mad Bulldogs” beispielsweise ist bereits fertig. Unter @steper_one ist er auf Instagram zu erreichen. Außerdem gibt er Workshops für Jugendliche meist in den Jugendzentren der Umgebung, auch beim Skate-Wettbewerb der Stadt Sulzbach-Rosenberg war er vor Ort.
Auch die Workshops mit den Jugendlichen machen Tizian Spaß. Sie sind aber erst ab einer gewissen Altersgruppe sinnvoll. „Beim Skatecontest hatte ich kleinere Kinder da, die konnten nicht mal richtig auf die Dose drücken. So ab 12 Jahren geht's meistens”, sagt er.
Die Workshops laufen immer nach dem gleichen Muster ab. Der 20-Jährige erklärt zu Beginn, worauf es ankommt und lässt die Kids eigene Sketches malen. Sind alle damit fertig, geht es an die Dosen. Er erklärt die unterschiedlichen Aufsätze (Caps), die für dickere oder dünnere Akzente sorgen. Die Kinder sprühen in der Regel seine Skizzen aus. Am Ende kümmert sich Tizian um die Details.
Nach knapp 45 Minuten ist Tizian mit der Skizze fertig. Während des Zeichnens hat er erklärt, worauf er achtet. Verschiedenen Schatten, Konturen, Outlines, Details, auch welche Stifte und Dosen er benutzt. Anfänger*innen beispielsweise rät er, es zu Beginn mit einfachen Filzstiften und ein paar Dosen zu versuchen. Die reichen vollkommen aus.
An seiner Übungswand teilt er die Fläche in verschiedene Abschnitte ein: „Ich sketche immer erstmals vor, um zu sehen, was wo hingehört. Deswegen nehm ich dann auch meistens zwei Farben zum Vormalen.” Dann macht er sich an die Arbeit. Währenddessen läuft deutscher oder englischer Hip-Hop. Das Graffiti nimmt mehr und mehr Gestalt an. Nach circa einer Stunde sprüht Tizian die Details. An der Wand steht jetzt sein designtes Logo für Amberg24.
Irgendwann will der 20-Jährige vom Sprayen leben können. Aufträge nimmt er bereits fleißig an: „Es geht. Ich bin relativ durchgeplant. Viel mit Jugend und Sozialarbeit. Privatpersonen noch nicht so viel, vielleicht zwei, drei Stück.”
Neben Hauswänden und Firmendesigns kann Tizian sich auch vorstellen, in Kinderzimmern zu sprayen, sofern die Eltern offen sind. Aktuell ist er zwar noch als Zerspanungsmechaniker angestellt, den Traum sein Hobby zum Beruf zu machen, verfolgt er allerdings mit viel Spaß und Fleiß.
Der nächste Graffiti Workshop mit Tizian findet am 8. Juli. ab 11 Uhr im Jugendtreff „Cube” Kümmersbruck statt. Anmelden könnt ihr euch im JUZ. Teilnahme ab 12 Jahren.