Femizide – zu wenig Aufklärung und Prävention | Amberg24

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Tödliche Gewalt gegen Frauen rückt immer dann in den Fokus, wenn es zu spät ist.  (Bild: Fabian Sommer/dpa)
Tödliche Gewalt gegen Frauen rückt immer dann in den Fokus, wenn es zu spät ist. (Bild: Fabian Sommer/dpa)
Tödliche Gewalt gegen Frauen rückt immer dann in den Fokus, wenn es zu spät ist. (Bild: Fabian Sommer/dpa)
cancel
info
Tödliche Gewalt gegen Frauen rückt immer dann in den Fokus, wenn es zu spät ist. (Bild: Fabian Sommer/dpa)

Femizide – zu wenig Aufklärung und Prävention

Gewalt gegen Frauen, wird häufig thematisiert, wenns zum äußersten kommt. Der Fall in Regensburg macht aufs Thema Femizid aufmerksam. Wir haben uns mit Julia Möbus vom Sozialdienst Katholischer Frauen e.V. schon vor dem Delikt unterhalten.

Der Fall der getöteten 19-Jährigen aus Cham schockt weit über die Oberpfalz hinaus. Die junge Frau könnte laut Informationen der Staatsanwaltschaft Regensburg im Haus des 55-jährigen Tatverdächtigen getötet worden sein. Beim mutmaßlichen Täter handelt es sich laut Informationen von Oberpfalz Medien um den Ex-Freund und Kollegen des Opfers. Ein mögliches, von vielen geprüften Tatmotiven: Eifersucht.

Dieses Tötungsdelikt ist nur einer von vielen: Laut Informationen der Organisation „UN-Women” kommt es in Deutschland alle vier Minuten zu Gewalt gegen Frauen in der Partnerschaft. Im Jahr 2022 wurden laut Bundeskriminalamt 312 Frauen Opfer von (versuchtem) Mord oder Totschlag. Unter Femizid versteht man laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Allgemeinen die „vorsätzliche Tötung von Frauen, weil es sich um Frauen handelt.” Weiter gefasste Definitionen umfassen aber auch alle Tötungen von Frauen oder Mädchen. Vorsätzlicher Mord an Frauen werde in der Regel von Männern begangen. Es können zudem auch weibliche Personen am Femizid beteiligt sein.

„Das Hauptmotiv ist häufig die Trennungssituation. Es ist oft, aber nicht bei allen, eine Beziehung mit häuslicher Gewalt oder Stalking im Spiel”, erklärt Julia Möbus. Die Sozialpädagogin ist für den Sozialdienst Katholischer Frauen e.V. in Amberg tätig und betreut unter anderem Frauen, die in einer Gewaltbeziehung leben.

Die ersten drei Monate nach einer Trennung sind laut Möbus „die gefährlichste Zeit für die Frau”. Der Mann realisiere in dieser Phase den Kontroll- und Machtverlust und sei nicht in der Lage, diesen zu kompensieren. Sie beschreibt dies als „wenn ich dich nicht haben kann, kann dich keiner haben”. Bei Stalking hingegen sei es anders, nicht jeder Stalker und sein Opfer müssen in einer direkten oder persönlichen Beziehung stehen.

Femizide verhindern: Aufklärung und gesellschaftlicher Wandel nötig

Die Betroffenen werden laut Möbus stigmatisiert. Schuldzuweisungen richten sich auch bei Gericht und in Medienberichten oft an die Frauen. Zudem rücken andere Gründe, beispielsweise psychische Erkrankungen des Täters, in den Vordergrund. Hinzu kommt, dass die Gesellschaft auch im Jahr 2024 noch stark von patriarchalen Mustern geprägt ist. „Die fehlende Gleichberechtigung von Mann und Frau spielt eigentlich die größte Rolle in unserem System”, sagt die Sozialpädagogin.

Mangelnde Aufklärung ist ebenfalls eine Ursache für Gewalt gegen Frauen. Laut der Expertin müsse man bereits in Kindergärten und Schulen Aufklärungs- und Präventionsarbeit leisten. Gewalt dürfe kein Tabuthema mehr darstellen. So könnte im Gewaltenkreislauf bereits früh angesetzt und Hilfe hinzugezogen werden. Der Sozialdienst Katholischer Frauen e.V. in Amberg geht daher gezielt in Schulen und leistet Aufklärungsarbeit. „Eigentlich müsste es Teil des Unterrichts werden”, sagt Möbus.

Femizide werden laut Möbus häufig milder bestraft. Täter, die Frauen getötet haben, werden nach ihren Angaben meist lediglich wegen Totschlag verurteilt. Denn: Frauenfeindlichkeit ist keines der sieben Mordmerkmale. Folglich fällt das Strafmaß bei Femiziden meist geringer aus, als bei anderen Tötungen. Auf europäischer Ebene gibt es laut Expertin das Bestreben, die Gesetze anzupassen, um Gewalt an Frauen härter zu bestrafen und möglicherweise zu bekämpfen.

Anlaufstelle Frauenhaus: So wird geholfen

Für Opfer häuslicher Gewalt gibt es verschiedene Anlaufstellen sowohl telefonisch als auch vor Ort. Diese erstellen gemeinsam mit den Betroffenen Notfallpläne, nehmen Kontakt mit Frauenhäusern auf. Zudem besteht hierbei eine gute Zusammenarbeit mit weiteren Instanzen, beispielsweise der Polizei. Möbus betont allerdings, dass der Fokus der Notrufe auf Alltagsstabilisierung besteht und sie keine psychologische Betreuung vor Ort haben. Gute Nachrichten gibt es im Kampf gegen häusliche Gewalt und Femizide ebenfalls. Laut Möbus bereiten sich die Frauen aus der Region intensiver auf eine gesicherte Trennung vor, auch die Rückfälle werden weniger.

Anlaufstellen bei häuslicher Gewalt

  • Das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 116 016
  • Notruf für Frauen und Mädchen in Amberg: 09621/22200 & 09621/48720
  • Frauenhaus Schwandorf: 09471/7131
  • Frauenhaus Weiden i.d.Opf.: 0961/3893170

north