Als sportlicher Leiter des ERSC Amberg ist Chris Spanger unter anderem für die Kaderzusammensetzung verantwortlich. Was in der Horror-Saison gefehlt hat und wie das kommende Eishockeyjahr besser laufen soll, erklärt er im Interview.
Für Bayernligist ERSC Amberg ist die vergangene Eishockeysaison glücklicherweise abgehakt. In der Abstiegsrunde sicherten die Wild Lions den Klassenerhalt. Chris Spanger war als sportlicher Leiter mittendrin im Geschehen. Was beim ERSC künftig anders laufen soll, wie er die vergangene Saison bewertet und welche Spieler bleiben und gehen, verrät er im Interview.
Wenn du die Saison in drei Wörtern beschreiben müsstest, welche wären das?
Verletzungspech, nicht zufriedenstellend, glückliches Ende
Wie groß war der Stein, der dir nach dem Klassenerhalt vom Herzen gefallen ist?
Der war sehr groß. Ich habe wirklich gehofft, dass wir einfach diese Abstiegsrunde so schnell wie möglich klarmachen, und das war zum Glück der Fall.
Hättest du vor Saisonbeginn gedacht, dass euch so ein Verlauf erwartet und solch eine Saison auf euch zukommt?
Nein, definitiv nicht. Wir hatten am 24. Januar zum ersten Mal den kompletten Kader zur Verfügung. Dass wir ein solches Verletzungs- und Krankenpech über die komplette Saison hinweg hätten, damit habe ich nicht gerechnet.
War das so das größte Problem oder hast du auch noch andere Baustellen gesehen?
Es ist schwer, andere Baustellen zu sehen, weil du nie gespielt hast, wie es geplant war. Ich denke schon, dass dieses Verletzungspech und die komplette Umstellung, immer wieder neue Mitspieler in der Reihe zu haben, ausschlaggebend waren.
War der Trainerwechsel für euch nach dem Spiel gegen Kempten überraschend?
Es gab kein Gespräch vorher. Ich habe es von ihm im Bus nach Kempten erfahren. Also vor dem Spiel. Es war in dem Moment für mich überraschend. Klar ist der Trainer, der Erste der geht, wenn es nicht läuft.
Also gab es von Vereinsseite aus im Voraus auch keinerlei Kritik?
Nein, also wirklich nicht. Ich bin immer noch der Meinung, dass es nicht wirklich am Dirk Salinger lag. Wir hatten halt einfach nicht die Spieler, die wir zu dem Zeitpunkt gebraucht hätten, um in die Spur zu kommen.
Nimmst du dich als sportlicher Leiter in die Verantwortung, weil die Kaderplanung ein bisschen schiefging? Die drei Neuzugänge sind ja während der Saison gegangen.
Definitiv. Ich nehme mir das auch immer sehr zu Herzen. Jede Entscheidung, egal ob diese positiv oder negativ ist. Ich muss mit den Mitteln, die mir gegeben werden, arbeiten. Das ist natürlich nicht immer der einfachste Umstand in Amberg. Das sind Entscheidungen, die ich getroffen habe, die auch nicht aufgegangen sind. Für diese stehe ich genauso ein wie für diese, die aufgehen.
Was waren die Gründe für die Abgänge während der Saison?
Gut, bei einem war es eh befristet, das war ein Try-Out-Vertrag, um den Einblick zu bekommen. Das hat dann nicht gepasst. Bei einem anderen Spieler war es die Trainersituation. Der Trainer hat mir erklärt, wie sie mit ihm planen. Das hat für mich dann ebenso keinen Sinn gemacht. Natürlich war es auch das Sportliche allgemein. Man hatte mehr Erwartungen.
Gab es dann zurzeit niemanden auf dem Markt? Oder ist man in Amberg einfach so limitiert, dass man sich Spieler auf dem Markt auch nicht leisten kann?
Ich war während der Zeit mit 30 Agenten und zehn Spielern immer wieder in Kontakt und hab versucht, jemanden nach Amberg zu holen. Es war dann aber tatsächlich so, dass der Liga-Konkurrenz die gleichen Spieler angeboten wurden und diese einfach ein besseres Angebot machen konnten als wir. Dann war es natürlich schwer, jemanden zu finden, weil die Ansprüche ja auch immer höher werden.
Die Spieler haben in Gesprächen immer wieder erwähnt, dass das Niveau in der Liga steigt und es schön ist, eine Entwicklung zu sehen. Aber man hat natürlich das Gefühl, dass auch die Bezahlung professioneller wird. Wie lange meinst du, kann der ERSC in der Bayernliga mithalten?
Das ist schwer. Wir versuchen immer das Beste. Ich denke, dass wir im Liga-Budget schon im unteren Drittel sind. Ich versuche trotzdem immer, das Beste herauszuholen und das als Sprungbrett für talentierte Spieler zu nutzen, die jetzt eine Liga tiefer spielen, um dann hochzukommen. Das ist die Liga, in der wir langfristig spielen möchten, und es geht auch mal wieder in die andere Richtung, früher oder später.
Kann und wird der Verein noch einmal mehr Geld locker machen oder ist das gerade die absolute Obergrenze?
Das liegt immer an den Sponsoren. Wir sind natürlich auf der Suche nach neuen Sponsoren, damit natürlich mehr machbar ist. Wenn mehr Sponsoren hinzukommen, ist das natürlich eine Hilfe, nicht nur für die erste Mannschaft, sondern auch für den Nachwuchs. Das hängt ja alles zusammen. Das setzt voraus, dass wir den Sponsorenpool ein bisschen erweitern, dann ist natürlich wieder mehr möglich.
Geht euch in solch einem Jahr die Kooperation mit den Blue Devils Weiden und Spielern, die aushelfen könnten, ab?
Das mit Deggendorf war schon okay. Aber es ist mit Amberg und Weiden, allein aufgrund der Entfernung, egal ob das jetzt Torhüter von uns waren oder andere, die mal mittrainiert haben, einfacher. Es ging auf dem kurzen Weg. Man hat mittags angerufen, erklärt, es brennt und gefragt, was möglich ist. Wie gesagt, in Deggendorf war das auch einmal der Fall, die haben ebenfalls Spieler geschickt, als es gebrannt hat. Aber es ist natürlich allgemein einfacher, wenn man eine halbe Stunde fährt als anderthalb.
Zudem waren es in Weiden Oberligaspieler und in Deggendorf mehr die jungen U20-Spieler. Das will ich jetzt auch nicht schmälern, aber das war sicherlich auch ein bisschen einfach im Jahr vorher.
Wie gehen die Personalplanungen für die nächste Saison weiter?
Die Hautplanung ist der Trainer. Das mache ich bereits seit sechs Wochen aktuell.
Geht es mit dem Duo Bernhard Keil und Richard Stütz also nicht weiter?
Nein, der Berni hat von Anfang an gesagt, dass er einspringt, aber nicht über die Saison hinaus. Er hat das offen kommuniziert und ich habe das offen an die Mannschaft weitergegeben. Jeder Spieler weiß also, dass der Berni nächstes Jahr nicht mehr Trainer in der ersten Mannschaft sein wird. Das ist jetzt die größte Baustelle, ich bin aber aktuell ganz guter Dinge, dass ich daran bald einen Haken machen kann.
Wie attraktiv ist denn Amberg, was die Lage angeht? Man hat Pegnitz, Weiden, Regensburg und Nürnberg im Umfeld. Im Süden gibt es einfach mehr Vereine.
Das stimmt. Das ist mit den Spielern das Gleiche. Wir fahren gefühlt die ganze Saison in eine Richtung und das ist genau die gegengesetzte von uns. Das ist dort „Oben” anders, dort gibt es in einem Radius von 30 Kilometern das nächste Eisstadion. Es ist schon schwierig, hier aus der Umgebung gibt es fast niemanden mehr, der infrage kommt. Deshalb muss jemand kommen, der ein bisschen weiter weg ist. Wir werden sehen, die Gespräche laufen und ich hoffe, dass es bald eine Entscheidung gibt.
Grenzüberschreitend oder innerhalb Deutschlands?
Ich lasse das mal offen.
Wie viele Spieler müssen den Verein verlassen und wer ist sicher nächstes Jahr dabei?
Fix sind aktuell drei Spieler, weil sie einen laufenden Vertrag haben. Das sind der Felix Federer, Lukas Salinger und der Brendan Walkom und sonst laufen die Gespräche. Ich kann keine Zahl nennen, wie viele gehen werden und bleiben. Ich werde mit allen reden, mit einigen habe ich bereits geredet. Also weiß ich schon einmal, in welche Richtung es geht. Ich denke, die Entscheidungen werden in Kürze nach und nach verkündet.
Bleibt Brendan Walkom sicher? Seine Leistung könnte ja andere Vereine überzeugt haben?
Er hat während der Saison verlängert. Seine private Situation hat sich verändert, deshalb bleibt er auf jeden Fall hier.
Wie sieht es denn konkret mit Publikumsliebling Hunter Fortin aus?
Alle Spieler, die nicht aus Amberg sind, gehen jetzt erst einmal wieder heim, egal ob Regensburg oder Amerika. Wie gesagt, die Gespräche laufen. Ich habe mit jedem geredet, das sind jetzt ein paar Entscheidungen. Ich muss natürlich auch erst einmal wissen, wer der Trainer ist, damit ich weiß, ob er Trainer zum Spieler passt oder auch nicht. Aber ich lasse das mal alles offen, vor allem wie es um die Importstellen nächstes Jahr aussieht.
Bei Tomas Plihal hingegen ist die Eishockey-Rente genauso ein Thema wie bei Daniel Krieger?
Es ist alles möglich. Ich kann aber aktuell noch keine Aussage dazu treffen.
Einige der jüngeren Spieler haben dieses Jahr ihre Chance erhalten. Wie haben sie sich angestellt und hat dich jemand besonders überrascht?
Ich finde, sie haben alle einen sehr guten Job gemacht. Auch ein Lukas Pressl, der sein erstes Seniorenjahr gespielt hat. Die anderen haben sich aber auch alle weiterentwickelt und eine gute Saison gespielt. Denen kamen auch die vielen Verletzten zugute. Die Eiszeit hat sie weitergebracht. Darauf kann man auch aufbauen.
Wie schafft man es, als sportlicher Leiter die Mannschaft bei Laune zu halten in so einer Situation? Ihr entlasst drei Spieler, die Personalsorgen sind eh da. Das Team denkt sich wahrscheinlich auch, warum jetzt. Wie gehst du dann auch mit möglicher Kritik aus der Kabine um?
Das war schon immer so, dass ich offen kommuniziere innerhalb der Kabine und jede Entscheidung begründe. Ich bin auch oft mit den Kapitänen im Austausch, weil sie für mich die Ansprechpartner in der Mannschaft sind oder auch der Spielerrat, der sich bildet. Dass sich, nachdem der Letzte freigestellt wurde, nochmal zwei verletzen, davon bin ich natürlich auch nicht ausgegangen. Das war dann umso schwerer für diejenigen, die noch waren, aber die Entscheidung ist mit den Trainern damals so gefallen. Für die übrigen Spieler war es vielleicht nicht einfach, aber die haben das Beste daraus gemacht. Schlussendlich haben wir dann acht Spiele hintereinander gewonnen, also hat es vielleicht auch etwas Gutes gehabt.
Wie war denn die Kommunikation mit den Fans in der schweren Phase? Lukas Salinger hat vor Weihnachten mal Dampf abgelassen.
Ich bin prinzipiell immer relativ offen, wir hatten vor der Saison einen Fanstammtisch, wo man mich alles fragen kann. Ich bin jetzt aber nicht drauf zugegangen, aber jeder weiß, wenn er mir seine Kritik oder Anliegen sagt und das begründen kann, bin ich der Letzte, der nicht zuhört.
Es war aber nicht so. Klar kriegt man das ein oder andere mit und auch Kritik, die vielleicht aufgrund der Situation auch gerechtfertigt ist. Ich bin immer offen, wenn jemand mit mir reden will, kann er das gerne tun. Zu dieser Situation kam es dieses Jahr nicht. Ich wäre aber bereit dafür.
Als die Stimmung am Kippen war und die Negativserie voll im Gange, hast du dir schon mal Gedanken gemacht, eine Liga tiefer zu planen?
Ich bin ganz ehrlich, ich habe mir erst zum Ende der Saison diese Abstiegsrunde genauer angeschaut. Weil ich natürlich vor der Saison schon der Meinung war, dass wir damit nichts zu tun haben werden. Ich hatte aber immer den Glauben an die Mannschaft, dass wir mit dem Abstieg selbst nichts zu tun haben werden, auch wenn wir diese Runde spielen. Weil wir genug Qualität in der Mannschaft hatten, um die Liga zu halten. Ich würde aber lügen, wenn ich nicht nachts ein paar Mal wach war und mir Gedanken gemacht habe, was ich ändern könnte. Ich weiß gar nicht, wie oft ich herumgefahren bin und telefoniert habe, um zu schauen, welche Möglichkeit es noch gibt. Also es geht an mir nicht spurlos vorbei, aber ich war mir ziemlich sicher, dass wir nicht absteigen werden.
Was hattet ihr den anderen voraus, die unten weiterkämpfen mussten?
Ich denke, dass wir die individuelle Qualität in der Mannschaft haben, die bei anderen vielleicht schon vorhanden ist, aber nicht in der Anzahl. Buchloe hatte auch extremes Verletzungspech, die hatten auch immer einen kleinen Kader, sonst würden sie, glaube ich, nicht dort stehen, wo sie jetzt sind.
Dingolfing hat die ganze Saison als Aufsteiger super gespielt, dann hat am Schluss die Kraft einfach gefehlt und zudem hatten sie einen Spielerwechsel.
Was wünschst du dir denn für das kommende Eishockey-Jahr?
Keine Verletzten. Eine möglich stressfreie Saison. Wenn ich Haare hätte, hätte ich nach dieser Saison keine mehr. Aber ehrlich gesagt, keine Verletzten und einen sicheren Platz in den Pre-Play-offs, dass wir so eine Runde wie jetzt nicht noch einmal spielen müssen. Ich denke, wenn wir mit unserem künftigen Kader spielen, werden wir wieder erfolgreiches Eishockey spielen. Wir haben jedes Jahr eine solche Serie, dieses Jahr kam sie vielleicht ein Wochenende zu spät, sonst wären wir auch in den Pre-Play-offs gewesen. Wir versuchen, das Beste mit Möglichkeiten hier herauszuholen. Wenn alle gesund bleiben und sich niemand verletzt, bin ich guter Dinge.