Fahrer rast in Menschenmenge: Wohl kein Terroranschlag | Amberg24

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Einsatzkräfte der Polizei stehen bei einem Großeinsatz in der Innenstadt von Mannheim. (Bild: Boris Roessler)
Einsatzkräfte der Polizei stehen bei einem Großeinsatz in der Innenstadt von Mannheim. (Bild: Boris Roessler)
Einsatzkräfte der Polizei stehen bei einem Großeinsatz in der Innenstadt von Mannheim. (Bild: Boris Roessler)
cancel
info
Einsatzkräfte der Polizei stehen bei einem Großeinsatz in der Innenstadt von Mannheim. (Bild: Boris Roessler)

Fahrer rast in Menschenmenge: Wohl kein Terroranschlag

Ein Mann rast in der Mannheimer Innenstadt in eine Menschenmenge. Zwei Menschen sterben, weitere werden verletzt. Inzwischen ist klar: Der Fall ist wohl kein Terroranschlag.

Nach der Todesfahrt in der Mannheimer Innenstadt haben die Ermittler weitere Details zu den Hintergründen bekanntgegeben. Demnach gibt es Anhaltspunkte, dass der 40 Jahre alte Deutsche, der sein Auto in eine Menschengruppe gesteuert haben soll, eine psychische Erkrankung hat. Man werde sich deshalb auf diesen Aspekt konzentrieren, sagte Staatsanwalt Romeo Schüssler am Abend in Mannheim.

Zuvor hatte bereits Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) gesagt, es gebe keine Hinweise für einen religiösen oder extremistischen Hintergrund. Der mutmaßliche Täter soll am Rosenmontag mit seinem Auto in der zentralen Mannheimer Einkaufsstraße Planken mehrere Menschen angefahren haben. Eine 83-jährige Frau und ein 54 Jahre alter Mann kamen nach Angaben der Ermittler ums Leben. Elf Menschen wurden verletzt, darunter mehrere schwer.

Ermittlungsverfahren wegen Mordes eingeleitet

Die Polizei geht davon aus, dass der Mann seine Opfer bewusst ansteuerte. Es habe sich schnell herausgestellt, dass es sich bei dem Vorfall in Mannheim um eine gezielte Fahrt gehandelt habe, bei der bewusst mehrere Personen erfasst worden seien, sagte Mannheims Polizeipräsidentin Ulrike Schäfer.

Der mutmaßliche Täter wurde kurz nach der Todesfahrt festgenommen und liegt im Krankenhaus. Bei seiner Festnahme soll sich der Mann mit einer Schreckschusspistole in den Mund geschossen haben. Entsprechende Medienberichte bestätigte der Präsident des Landeskriminalamtes, Andreas Stenger. Der Gesundheitszustand des 40-Jährigen aus Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) sei derzeit stabil. Er habe aber bislang nicht vernommen werden können. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Landschaftsgärtner unter anderem Mord vor. Man habe ein Ermittlungsverfahren wegen zweifachen Mordes und zweifachen versuchten Mordes eingeleitet, sagte Schüssler.

Täter hatte kleinere Vorstrafen

Den Behörden gegenüber war der Mann bereits früher auffällig geworden, allerdings eher mit kleinen Vergehen. Es gebe ein paar Vorstrafen, die lange zurücklägen, sagte Schüssler. Dabei gehe es um eine Körperverletzung, für die er eine kurze Freiheitsstrafe verbüßt habe vor über zehn Jahren, außerdem ein Fall von Trunkenheit im Verkehr. Bei der letzten Tat handle es sich um ein Delikt im Bereich von Hate Speech aus dem Jahr 2018. Er habe einen entsprechenden Kommentar auf Facebook abgesetzt und sei deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Nähere Informationen gab es dazu vorerst nicht.

Nach Augenzeugenberichten soll der Mann mit seinem Wagen vom Friedrichsring kommend in die mehrere Hundert Meter lange Haupteinkaufstraße gerast sein und auf Höhe des Paradeplatzes mehrere Passanten an- oder umgefahren haben. Auf den Planken und rund um den Wasserturm findet derzeit ein Fasnachtsmarkt mit Dutzenden Imbissbuden und Fahrgeschäften statt.

Die Einkaufsstraße war nach Angaben der Polizei nicht mit Pollern oder Absperrungen gesichert. Dafür habe es keine besondere Veranlassung gegeben. „Es war ein ganz normaler Tag im Stadtleben von Mannheim”, sagte Polizeipräsidentin Schäfer mit Blick darauf, dass dort am Montag keine besondere Veranstaltung anstand. Auf den sogenannten Planken gebe es Straßenbahnverkehr, zudem gebe es die Möglichkeit, dass Lieferverkehr in die Straße einfahre.

Am Abend besuchten Spitzenpolitiker aus Bund und Land den Tatort. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) drückte seine Anteilnahme gegenüber Opfern und Angehörigen aus. „Das ist nun wirklich schwer zu ertragen und auszuhalten”, sagte er. Er versicherte den Bürgerinnen und Bürgern, dass der Staat alles tue, was er tun könne, um sie zu schützen. Aber hundertprozentigen Schutz könne es nicht geben. „Manchmal ist es einfach nur tragisch und schlimm.”

Strobl: „Können unsere Innenstädte nicht zu Festungen machen”

Absolute Sicherheit werde es niemals geben können, sagte auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). „Wir können auch nicht unsere Innenstädte zu umzäunten Festungen machen.” Die Tat reihe sich ein in mehrere Straftaten der jüngeren Vergangenheit, in der ein Auto als Waffe missbraucht worden sei. Bundesinnenministerin Nancy Faeser dankte der Polizei und den Rettungskräften. „Die Polizei hat einen herausragenden Job geleistet”, sagte die SPD-Politikerin am Abend, nachdem sie sich vor Ort ein Bild gemacht hatte.

Etwa 30 Polizeikräfte seien in zehn Minuten vor Ort gewesen, sagte Faeser. Nun gelte es, die Ermittlungsbehörden ihre Arbeit machen zu lassen. Es sei eine furchtbare Tat, „ein Horror am helllichten Tag, bei schönstem Wetter, in der Mittagspause, wo viele Menschen draußen sind”. Mehrere Fasnachtsumzüge am Dienstag abgesagt Nach der Todesfahrt wurden mehrere für Dienstag geplante Fasnachtsumzüge in Baden-Württemberg abgesagt worden.

Was wir bereits wissen

  • Der Tatort: Der Vorfall ereignete sich nach Polizeiangaben am zentralen Paradeplatz in der Innenstadt von Mannheim. Die Stadt ist mit rund 320.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Baden-Württembergs.
  • Der Ablauf: Nach Augenzeugenberichten soll der Mann mit seinem Wagen vom Friedrichsring kommend in die mehrere Hundert Meter langen Planken, die Haupteinkaufstraße, gerast sein und auf Höhe des Paradeplatzes mehrere Passanten an- oder umgefahren haben. Auf den Planken und rund um den Wasserturm findet ein Fasnachtsmarkt mit Dutzenden Imbissbuden und Fahrgeschäften statt.
  • Der Täter: Der mutmaßliche Fahrer ist nach Polizeiangaben festgenommen worden. Er liegt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) verletzt in einer Klinik. Er ist demnach deutscher Staatsbürger. Laut dem baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU) ist der Verdächtige 40 Jahre alt und kommt aus Rheinland-Pfalz.
  • Mittäter: Die Polizei geht nicht von Mittätern aus. Ein Polizeisprecher sagt, es gebe keine weitere konkrete Gefährdungslage in Mannheim, nur eine abstrakte..
  • Opfer: Laut Polizei kamen zwei Menschen ums Leben. Fünf Personen seien schwer verletzt worden, heißt es in der Mitteilung. Fünf weitere Menschen seien leicht verletzt worden. Alle Verletzten seien in Krankenhäuser gebracht worden. Über das Ausmaß und die Schwere der Verletzungen bei den Betroffenen wurde bislang nichts bekannt.
  • Der Polizeieinsatz: Polizei und Rettungskräfte sind laut Polizei vor Ort. In der Innenstadt könne es zu Verkehrsbeeinträchtigungen kommen, hieß es. Die Polizei rief die Bevölkerung auf, das Stadtgebiet zu meiden. Die Bürger sollten sich in geschlossenen Räumen aufhalten. Der Innenstadtbereich sei weiträumig geräumt.
  • Vorkehrungen: Nach Auskunft der Uniklinik wurde ein Katastrophen- und Einsatzplan umgesetzt, mit dem die Versorgung von Verletzten vorbereitet wird. Es seien insgesamt acht Traumateams bereitgestellt worden, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder.
  • Hintergrund: Hintergrund der Todesfahrt von Mannheim ist wohl eine psychische Erkrankung. Es gebe Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung des Täters, weshalb sich die Ermittler auf diesen Aspekt konzentrierten, teilte der zuständige Staatsanwalt in Mannheim mit.

Was wir nicht wissen

  • Zum Autofahrer selbst: Die Polizei prüft den Hintergrund des mutmaßlichen Täters.
  • Motiv: Auch wenn die Todesfahrt keinen politischen Hintergrund hat, gehen die Ermittler dem Motiv des Verdächtigen auf den Grund.
Information

Abstrakte und konkrete Gefahr

  • Konkrete Gefahr: sie besteht im Einzelfall tatsächlich.
  • Abstrakte Gefahr: es handelt sich um einen bloßen hypothetisch vorgestellten Sachverhalt. Vorstellung der Sicherheitsbehörden, die Vorfälle der Vergangenheit auf zukünftige Möglichkeiten und worst cases fortschreibt

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung

© dpa-infocom, dpa:250303-930-392261/4

north